In Deutschland lebende Ausländer können sich künftig in kürzerer Zeit einbürgern lassen. Mit der Mehrheit von 382 Stimmen beschloss der Bundestag in Berlin eine Reform des Staatsangehörigkeitsrecht. Einbürgerungen sind damit schon nach fünf statt bislang acht Jahren möglich, beim Nachweis besonderer Integrationsleistungen wie Sprachkenntnissen nach drei statt bislang sechs Jahren. Weitere Erleichterungen gibt es für die Gastarbeitergeneration. Für Menschen, die Sozialleistungen beziehen, werden die Regeln dagegen verschärft.
Neben Sprachkenntnissen gehört es bereits jetzt zur Voraussetzung einer Einbürgerung, dass die Betroffenen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten müssen. Bislang konnten aber auch Menschen, die den Bezug von Sozialleistungen etwa wegen einer Krankheit oder Behinderung nicht selbst zu verantworten haben, den deutschen Pass erhalten. Dieser Passus entfällt mit der Reform. Für diese Menschen soll künftig allein die Härtefallregelung gelten. Die Bundesregierung soll dazu Auslegungshinweise an die Behörden geben. Demnach sollen Rentnerinnen und Rentner, Menschen mit einer Krankheit oder Behinderung, Alleinerziehende, pflegende Angehörige sowie Schüler, Studierende und Auszubildende von der Härtefallregelung erfasst werden. Einen Rechtsanspruch gibt es für diese Gruppen dann aber nicht mehr.
Union befürchtet doppelte Staatsangehörigkeiten
Mit der Neuregelung entfällt künftig auch die Pflicht, bei einer Einbürgerung die ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufzugeben. Dies stößt insbesondere bei der Union auf Kritik. Es könne doppelte Staatsangehörigkeiten geben, sagte der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm. Dabei müsse aber unterschieden werden zwischen Ländern, mit denen Deutschland befreundet sei und ihnen nahe stehe, und Ländern, wo dies nicht der Fall sei. Auch die AfD lehnte die Reform ab. Insgesamt stimmten 234 Abgeordnete gegen die Reform, 23 enthielten sich.
Über das #Staatsangehörigkeitsrecht sind Debatten geführt worden, die von Ausgrenzung geprägt waren & auf dem Rücken von Menschen stattfanden, die seit vielen Jahren in 🇩🇪 leben & arbeiten, aber nie ganz dazugehören durften. Diese Reform zeigt ihnen:
Ihr gehört zu Deutschland!— Nancy Faeser (@NancyFaeser) January 19, 2024
Leidenschaftlich für die Reform geworben hatte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), als erste Rednerin in der Bundestagsdebatte. Viele Menschen hätten schon lange auf diese Reform gewartet, sagte sie. Alabali-Radovan rief vor dem Hintergrund von Berichten über Deportationspläne rechtsextremer Netzwerke zum Widerstand gegen rassistische Ideologien auf. Viele Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte hätten gerade Angst um ihre Zukunft, ihr Sicherheitsgefühl sei im Mark erschüttert, sagte sie. Die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman, sagte, die Reform komme zum richtigen Zeitpunkt, „weil sie ein deutliches Signal für Vielfalt und gegen rechtsextreme Deportationsfantasien setzt“.
Besonders angestiegen ist die Zahl der Syrerinnen und Syrer
Zu den Voraussetzungen für eine Einbürgerung zählt durch die Änderung künftig auch ein Bekenntnis „zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die nationalsozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen“. Dieser Passus wurde vor dem Hintergrund der Diskussion über antisemitische Vorfälle bei Demonstrationen zum Nahost-Konflikt ergänzt.