Gleich zu Beginn der neuen Saison gab es am vergangenen Wochenende mehrere rassistische Vorfälle in Fußballstadien. Eine Expertin sieht neben offenen Beleidigungen noch grundlegendere Probleme – und fordert ein Umdenken.
Die Psychologin Marjorie Berns bemängelt zum Start der neuen Bundesligasaison subtilen Rassismus im Fußball. Rassismus dort habe viele Gesichter, auch über offene Beleidigungen hinaus, sagte Berns am Freitag in Osnabrück der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zuletzt war es am vergangenen Wochenende zu mehreren rassistischen Vorfällen während Spielen des DFB-Pokals gekommen.
In einer in diesem Sommer veröffentlichten Studie untersuchte Berns mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten Osnabrück und Wuppertal die Verbreitung rassistischer Zuschreibungen im Fußball, bezogen auf die Positionen von Spielern. Dabei fanden sie heraus, dass schwarze Spieler eher mit athletischen Positionen in Verbindung gebracht würden, weiße Spieler hingegen stärker mit strategisch zentralen.
Ob Rassismus im Fußball zugenommen habe, lasse sich aus ihrer Studie nicht ableiten, so Berns. Aber: “Heute gibt es mehr wissenschaftliche Studien, mehr mediale Aufmerksamkeit und eine höhere Sensibilität in der Gesellschaft.” Dadurch träten rassistische Vorfälle sichtbarer zutage. Die Forschung zeige, dass rassistische Zuschreibungen weiterhin wirkten, oft in subtileren Formen.
Über eine Reaktion von Verbänden wie der Deutschen Fußball Liga (DFL) auf die Ergebnisse würde sich die Psychologin freuen. Bisher seien die Ergebnisse ihres Wissens nicht aufgegriffen worden. Dabei sei es wichtig, dass Rassismus mit gezielten Maßnahmen stärker bekämpft werde. Symbolische Kampagnen oder Reaktionen auf offene Diskriminierung und Rassismus allein reichten nicht aus.
Es brauche darüber hinaus strukturelle Veränderungen, um rassistische Zuschreibungen nachhaltig abzubauen. Berns fordert deshalb eine gezieltere Förderung von Spielerinnen und Spielern auf Positionen, in denen sie bisher unterrepräsentiert sind. Auch transparente Auswahlkriterien seien wichtig. Die Studie habe gezeigt, dass rassistische Zuschreibungen dann weniger stark zutage träten, wenn objektive Kriterien wie klare Leistungsindikatoren vorlägen.