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Bürger wollen weiter Missbrauchstäter im Straßennamen

Im oberpfälzischen Heimatort eines wegen Kindesmissbrauchs verurteilten Priesters regt sich Widerstand gegen die Umbenennung einer Straße. Anwohner haben hunderte Unterschriften für ein Bürgerbegehren gesammelt.

Georg Zimmermann war ein Regensburger Priester. Er war Diözesanmusikdirektor – und ein wegen Kindesmissbrauchs verurteilter Straftäter, der dafür im Gefängnis saß. In seiner Heimatgemeinde Eslarn im Oberpfälzer Wald war er jedoch auch danach noch ein Mann, der in hohem Ansehen stand. Seit 1973 verbrachte er dort seinen Ruhestand. Eine Straße ist nach ihm benannt. Auf Initiative des Betroffenenbeirats im Bistum Regensburg beschloss der Eslarner Gemeinderat im Mai eine Umbenennung. Dagegen regt sich nun heftiger Widerstand.

Anlieger der Georg-Zimmermann-Straße haben ein Bürgerbegehren gegen die Umbenennung beantragt und dafür etwa 650 Unterschriften gesammelt. Eine beträchliche Zahl angesichts der 2.750 Einwohner, die die Marktgemeinde Ende 2023 hatte. Am Montag informierte Bürgermeister Reiner Gäbl den Betroffenenbeirat über den Vorgang.

“Ich bin erschüttert und traurig, dass so viele Bürgerinnen und Bürger das Ansinnen unterstützen”, schreibt Gäbl. Und: “Der Antrag wird wohl zugelassen werden müssen.” Die Entscheidung werde in der Gemeinderatssitzung am 30. Juli fallen.

Erschüttert äußerte sich auch die Sprecherin des Betroffenenbeirats, Josefa Schalk. “650 Leute haben für die Ehrung eines Kinderschänders unterschrieben”, sagte sie am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Eine von Zimmermann missbrauchte Person gehöre ihrem Gremium an, die heute noch in Eslarn lebe. Diese habe dem Beirat detailliert ihre Erlebnisse geschildert. “Wir haben das im Gemeinderat vorgetragen”, sagte Schalk. Daraufhin votierte das Gremium mit 9 zu 6 Stimmen für eine Umbenennung. Auch der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer stellte sich hinter dieses Anliegen.

Die Antragsteller des Bürgerbegehrens dagegen argumentieren so: Gegen Zimmermann (1916-1984) habe es nach der Haftentlassung bis zu seinem Tod weder Anzeigen noch polizeiliche Ermittlungen gegeben. “Erst lange nach seinem Tod äußerten sich vermeintlich Betroffene. Eine juristische Aufarbeitung war demnach nicht mehr möglich.” Zudem sei die Umbenennung der Straße für jeden Anwohner mit einem “immensen organisatorischen und finanziellen Aufwand” verbunden.

Die Gemeinderatssitzung nächste Woche könnte erneut turbulent werden. Josefa Schalk ist sich nicht sicher, ob sie dazu noch einmal nach Eslarn fährt. Bereits im Frühjahr sei die Stimmung sehr aufgeheizt gewesen, sie und der Betroffenenbeirat seien angefeindet worden, sagt sie. Nun steht die Frucht von eineinhalb Jahren Recherchen und Überzeugungsarbeit ihres Gremiums auf dem Spiel.

Zimmermann war 1969 vom Landgericht Weiden wegen mehrerer Fälle von teils schwerer “Unzucht mit Abhängigen” zu einem Jahr und acht Monaten Haft verurteilt worden. Als er 15 Jahre später in Eslarn starb, hieß es in einem Nachruf, er habe in der Marktgemeinde “fast an die achtzig Kinder und Jugendlichen zu musikalischer Reife geführt und deren Begabungen verfeinert”.

Josefa Schalk glaubt indes weiterhin, “dass es in dem Ort noch weitere Missbrauchsopfer gibt, die sich aber noch nicht zu sprechen trauen”. Deshalb dürften sich auch die Unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums Regensburg und der mit einer bistumsweiten Missbrauchsuntersuchung beauftragte Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber für die Ereignisse in Eslarn interessieren.