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Botschafter Seibert: Gott nicht instrumentalisieren in Nahost

Er war Sprecher der Bundesregierung und ist jetzt Botschafter in Israel. Ein Land in einer absoluten Extremsituation – so beschreibt Steffen Seibert die aktuelle Lage im Gespräch mit dem Mainzer Bischof Peter Kohlgraf.

Deutschlands Botschafter in Israel, Steffen Seibert, spricht sich gegen einen Missbrauch des Gottesbezugs in der Politik aus, insbesondere im aktuellen Nahostkonflikt. “In Israel beklage ich das auf beiden Seiten, dass Gott zu sehr als Argumentationshilfe in der Politik oder als Begründung für Politik genommen wird”, sagte er am Montag im Podcast “Lebensfragen” des Bistums Mainz. “Es ist nicht gut, Gott für eigene Ideen zu instrumentalisieren”, ergänzte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf im Gespräch mit Seibert und der Journalistin Anja Schneider.

Seibert sprach sich dafür aus, Gott grundsätzlich aus politischen Tagesentscheidungen herauszuhalten. Außerdem wünsche er sich im Nahostkonflikt mehr Verständnis für die jeweils andere Seite, fügte er hinzu.

Der Botschafter erklärte weiter, Deutschland setze sich hinter den Kulissen intensiv für eine Freilassung aller Geiseln ein, die sich noch in der Gewalt der Hamas befinden. Ein Vergessen der Entführten und eine damit einsetzende Gleichgültigkeit seien der größte Feind der Geiseln.

Auf der anderen Seite wies der frühere Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf das Schicksal von zwei Millionen Flüchtlingen im Gazastreifen hin. 90 Prozent aller Bewohner seien Vertriebene, die bereits vier-, fünfmal oder noch häufiger den Aufenthaltsort wechseln mussten und immer wieder neue Evakuierungsaufforderungen bekämen: “Das darf man nicht vergessen.”

Seibert warb zudem dafür, dass Schulen in Deutschland das Thema Nahostkonflikt stärker in den Blick nehmen und deutlicher erklären sollten: “Ehrlich gesagt; dieses ist ein ziemlich komplexer Konflikt – keine einfache Schwarz-Weiß-Sache.”

Generell gelte es, Menschen ins Gespräch zu bringen, auch wenn diese zunächst unterschiedlichen Lagern angehören. “Man muss sich ja politisch dann gar nicht einig sein – aber man kann über menschliche Dinge, über Leid, das eine Gemeinschaft erfahren hat, empathisch miteinander sprechen”, fügte der Botschafter hinzu: “In Israel beklage ich ganz oft, dass es zu wenig Gespräch miteinander gibt.” In Deutschland sollte dies unbedingt besser funktionieren, auch an den Schulen.

Die neue Folge von “Lebensfragen” wurde am Montagabend auf den Plattformen des Bistums Mainz veröffentlicht. Frühere Gesprächspartner von Bischof Kohlgraf waren unter anderem Deutschlands First Lady Elke Büdenbender, Tagesthemen-Moderator Ingo Zamperoni und Sänger Max Mutzke.