Kompromissfähig, herzlich, pragmatisch: Der Essener Bischof fordert trotz Schwierigkeiten und sozialer Ungleichkeit mehr Blick auf die Potenziale des Ruhrgebiets. Warum er in der Region Vorbildcharakter für Europa sieht.
Der katholische Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, sieht im Zusammenleben im Ruhrgebiet angesichts der vielen Herausforderungen ein wichtiges Zeichen für Deutschland und Europa. “Die meisten Menschen lernen hier, dass Kompromisse zum Leben dazugehören und es fast nie die eine, einfache Lösung für alle gibt”, sagte Overbeck in einem am Freitag verbreiteten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Diese Haltung, verbunden mit einem robusten Pragmatismus und einer ehrlichen Herzlichkeit, schätze ich im Ruhrgebiet wirklich sehr.”
Es gebe im Ruhrgebiet gleichzeitig in einigen Stadtteilen großen Reichtum und andererseits, zumindest für deutsche Verhältnisse, existenzielle Armut in anderen, so der Bischof. “Das Ruhrgebiet weist eine weit überdurchschnittliche Armutsquote von etwa 21 Prozent auf.” Außerdem sei das Ruhrgebiet immer wesentlich durch Migration geprägt worden.
Schwierigkeiten in der Region seien real, sagte Overbeck. Aber die Region mit fast fünf Millionen Menschen, von denen die allermeisten friedlich und solidarisch zusammenlebten müsse vor allem auch mit ihren Potenzialen wahrgenommen werden. “Selbstverständlich gelingt das Zusammenleben angesichts der alltäglichen Probleme, die Leben in Ballungszentren mit sich bringt, nicht immer reibungslos.”
Der aus Marl stammende Overbeck ist seit 2009 Bischof von Essen. Das Bistum Essen liegt zwischen Rhein und Lenne und umfasst große Teile des Ruhrgebiets, zum Beispiel Städte wie Gelsenkirchen, Bochum und Oberhausen. Die Diözese wird umgangssprachlich Ruhrbistum genannt.