Die Kirchen rufen nach der Bundestagswahl zu Zusammenhalt und Kompromissbereitschaft auf. „Der Wahlkampf ist vorüber, jetzt muss gehandelt werden“, forderte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, sagte, die Tage und Wochen vor der Wahl seien geprägt gewesen von stark emotionalisierten Debatten, die die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt hätten. „Jetzt nach der Wahl stehen die Parteien der demokratischen Mitte vor der anspruchsvollen Aufgabe, mit diesem Wahlergebnis konstruktiv und verantwortungsvoll umzugehen“, erklärte die Hamburger Bischöfin am Sonntagabend.
Der Limburger Bischof Bätzing sagte der Tageszeitung „Welt“ (Montag): „Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler will eine Stärkung der demokratischen Mitte, was sich am Wahlergebnis zeigt. Ich hoffe, dass wir jetzt zügig eine stabile Regierung bekommen, die die Probleme anpackt.“ Extremistische Kräfte und solche, die trotz des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine mit Russland sympathisieren, dürften nicht den Ton angeben.
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am Sonntag wurden dem vorläufigen Ergebnis zufolge die Unionsparteien mit 28,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft. Die AfD kam auf 20,8 Prozent. Dem Bundestag gehören außerdem die SPD (16,4 Prozent), die Grünen (11,6 Prozent) und die Linke (8,8 Prozent) an. Alle weiteren Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung lag bei 82,5 Prozent.
Die EKD-Ratsvorsitzende Fehrs sagte: „Die hohe Wahlbeteiligung zeigt: Viele Menschen wissen, wie wichtig es gerade in diesen unsicheren Zeiten ist, sich politisch zu beteiligen.“ Zugleich sei sie sehr besorgt darüber, dass extremistische Positionen größere Zustimmung gefunden haben als bei vorhergehenden Wahlen. Völkische Parolen und menschenverachtende Haltungen seien mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.
Die hessen-nassauische Kirchenpräsidentin Christiane Tietz sagte: „Die Menschen setzen auf die Demokratie. Mit Sorge erfüllt mich, dass jede fünfte Stimme an eine populistische Partei ging. Umso wichtiger ist eine stabile Regierung in einer instabilen Welt“, sagte die evangelische Theologin am Sonntagabend. Viele Bürgerinnen und Bürger sehnten sich nach Orientierung und Hoffnung, nach äußerer und innerer Sicherheit.