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Bischöfe erinnern an Wurzeln des Glaubens

Die Bischöfe und leitende Repräsentanten der evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen haben am Reformationstag an die Wurzeln des christlichen Glaubens erinnert. Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover rief dazu auf, sich insbesondere auf die jüdischen Ursprünge des Christentums zu besinnen. „Die Kirchen der Reformation haben den Anspruch, sich ständig zu erneuern und umzukehren zu ihrem Ursprung“, sagte er am Freitag. „Eine der anspruchsvollen und radikalen Reformen ist immer noch, dass wir evangelische Christen unsere jüdischen Wurzeln sehen.“

In seiner Predigt in der Marktkirche legte Meister einen Bibeltext aus dem Alten Testament aus, der zugleich das zentrale Bekenntnis des Judentums ist: das „Höre Israel!“ Damit formulieren Juden in aller Welt ihren Glauben an den einen Gott. Dass dieser Text, das „Herzstück des jüdischen Glaubens“, alle sechs Jahre am Reformationstag in allen evangelischen Kirchen gelesen werde, sei ein Segen, betonte der Bischof: „Er verhindert, dass wir ein einfältiges Loblied auf den großen theologischen Lehrer und Reformer Martin Luther singen.“ Luthers Antijudaismus erfordere theologische Kritik.

In der Stadtkirche von Bückeburg erinnerte der schaumburg-lippische Landesbischof Oliver Schuegraf an die Entdeckung christlicher Kernbotschaften durch Martin Luther: „Gott will keine Leistung, er will Liebe. Gott will keine Angst, sondern Vertrauen.“ Der Bischof betonte: „Luthers Entdeckung ist die Rückkehr zu dieser ersten Liebe: Gott lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit aller Kraft – nicht, weil wir müssen, sondern weil wir dürfen. Weil Gott uns zuerst geliebt hat.“ Darin sei der Reformator dem Ruf des „Höre Israel!“ gefolgt.

Schuegraf würdigte zudem die gesellschaftlichen Folgen der Reformation im 16. Jahrhundert. Die Reformatoren hätten die Bildung gestärkt und so „Freiraum zum Denken“ eröffnet. Zudem hätten sie die Sozialsysteme erneuert. In der Reformationszeit sei zum ersten Mal formuliert worden, dass bedürftige Menschen einen eigenen Anspruch auf Unterstützung hätten und nicht nur Bittsteller gegenüber der Obrigkeit seien.

Die Bremische Evangelische Kirche feierte den Reformationstag unter anderem mit einem zentralen Radiogottesdienst im St.-Petri-Dom. Dabei blickte Kirchenpräsident Bernd Kuschnerus auf die Einführung der Reformation vor rund 500 Jahren in der Hansestadt zurück: Als 1522 die Ideen des Reformators Martin Luther (1483-1546) nach Bremen gelangt seien, sei es bald darauf zum Streit zwischen der Stadt und dem katholischen Erzbischof gekommen. Inzwischen werde der Reformationstag aber in ökumenischer Verbundenheit der Konfessionen gefeiert, betonte Kuschnerus.