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Bischöfe beim Katholikentag: Kirche ist auch politisch

Die Kirche soll sich nicht in die Politik einmischen! Diese Forderung wird nicht nur von AfD-Vertretern erhoben. Scharfer Widerspruch kommt vom Katholikentag.

Mehrere Bischöfe haben beim Katholikentag in Erfurt der Forderung widersprochen, die Kirche solle sich aus der Politik heraushalten. “Unser Gott ist parteiisch”, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, bei einem Empfang der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. “Er steht auf der Seite der Gerechten, des Rechts.” Daher äußere sich die Kirche oft zu Fragen des Friedens, der Klima- und Asylpolitik sowie gegen den völkischen Nationalismus.

Auch wenn das Christentum in Deutschland zu einer Minderheit werde, müsse die Kirche ihren Beitrag zum Frieden leisten, sagte Bischof Bätzing am Mittwochabend. “Wir wollen nicht die Frage stellen: Was wird denn aus uns? Sondern immer mehr in die Frage hineinwachsen: Für wen sind wir da?” Die Kirche wolle zum Wohlergehen aller Menschen im Land beitragen, nicht nur der Christen.

Auch der Magdeburger Bischof Gerhard Feige wandte sich gegen die Vorstellung, Kirche dürfe sich nicht in die Politik einmischen. In seinem Predigttext zur katholischen Fronleichnamsfeier am Donnerstagabend erinnerte er an die Zeit des Nationalsozialismus und Kommunismus, in der der Glaube ins Private zurückgedrängt wurde: “Das Christentum sollte höchstens noch auf Gottesdienst und Sakristei beschränkt sein oder als private Gefühlsangelegenheit im stillen Kämmerlein dahinvegetieren dürfen.”

Auch heute versuchten manche Gruppierungen wieder, Religion ins Abseits zu drängen, sagte Feige. Unter Verweis auf die Neutralität des Staates werde die Kirche aufgefordert, sich auf ihre Kernkompetenz zu konzentrieren und nur die religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu erfüllen. Feige hielt dagegen: “Wenn es grundsätzlich und konkret um die Würde und Freiheit eines jeden Menschen geht, die Achtung der Menschenrechte und das Gemeinwohl, den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, können und dürfen wir als Kirchen nicht schweigen.”

Laut Mitteilung der Veranstalter feierten rund 6.000 Menschen am Donnerstagvormittag auf dem Erfurter Domplatz einen ökumenischen Gottesdienst zum Fest Fronleichnam. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr predigte bei regnerischem Wetter zusammen mit der Sprachwissenschaftlerin Ulrike Lynn über das biblische Motto des Katholikentags “Zukunft hat der Mensch des Friedens”. Christen dürften sich nicht entmutigen lassen in ihrem Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden – “auch wenn wir damit auf Ablehnung stoßen”, sagte Neymeyr.

Auf dem Programm des Katholikentags standen am Donnerstag unter anderem die Themen Missbrauchsskandal und Reformen in der Kirche. Am Freitag und Samstag werden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie mehrere Ministerinnen und Minister in Erfurt erwartet.