Predigttext
6 Ich meine aber dies: Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. 7 Ein jeder, wie er‘s sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. 8 Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk; 9 wie geschrieben steht (Psalm 112,9): „Er hat ausgestreut und den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.“ (…) 11 So werdet ihr reich sein in allen Dingen, zu geben in aller Einfalt, die durch uns wirkt Danksagung an Gott. 12 Denn der Dienst dieser Sammlung hilft nicht allein dem Mangel der Heiligen ab, sondern wirkt auch überschwänglich darin, dass viele Gott danken. (…) 15 Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!
Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ Der Satz bleibt hängen. Ein beliebter Textbaustein kirchlicher Kollektenempfehlungen. Der Apostel Paulus als Werbetexter einer publikumswirksamen Spendenkampagne damals in Korinth und heute zum Erntedankfest in Westfalen?
„Da habt ihr mich aber sehr verkürzt verstanden“, würde der Apostel dazu sagen, „mein Thema heißt Dankbarkeit.“ Dass viele Gott danken – darum geht es. Das Erntedankfest fragt uns, ob wir bereit sind, so aus dem Glauben an den reichen Gott zu leben, dass auch andere in diesen Dank einstimmen können – mit Herzen, Mund und Händen. Danken heißt, den Geber der Gaben in den Blick zu nehmen. Mit einem Psalmzitat erinnert Paulus: Gott hat gegeben. Wir sind Beschenkte.
Gott macht sich selbst zum Geschenk
Und am Schluss das Ausrufzeichen: Gott sei Dank! Es ist nicht zu fassen – Worte reichen nicht hin: „Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“ Paulus deutet das tiefste Geheimnis Gottes an. Gott gibt nicht nur ein wenig, etwas mehr oder viel. Er gibt alles und macht sich selbst zum Geschenk.
Im Brief an die Römer formuliert Paulus: „Gott hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben. Wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“ (Römer 8,32). Darum gilt: „Keiner kann allein Segen sich bewahren. Weil du reichlich gibst müssen wir nicht sparen“ (EG 170). Aus der Dankbarkeit für die empfangene Fülle folgen Freiheit zum Geben und Fröhlichkeit des Gebers. So wird aus kärglich reichlich und die Sammlung segensreich. Die Kollekte als Selbstverständlichkeit, nicht als Folge eines Appells. Unwillen oder Zwang haben da keinen Raum. Paulus bittet die Gemeinde in Korinth um Spenden für die Urgemeinde in Jerusalem.
Materiell waren die Korinther nicht auf Rosen gebettet. Die Mitglieder der jungen Gemeinde gehörten nicht der Wirtschaftselite an. Kleine Leute waren sie, Sklaven und Hafenarbeiter. Materiell eigentlich selbst der Hilfe bedürftig. Die Kollektenbitte erscheint fast als Zumutung. Doch Paulus setzt darauf, dass sie erkennen: Wir haben einen Reichtum, der sich nicht in Geld aufwiegen lässt. Wir haben nämlich einen reichen Gott. Darum kann man auch Weniges teilen. Die Gemeinde in Jerusalem war durchaus noch ärmer dran.
Die Kollektenbitte hat für Paulus aber nicht nur eine materielle Komponente. Sein Aufruf hat eine zutiefst Grenzen überschreitende Pointe: Die Kollekte war die Antwort auf einen heftigen Konflikt. Mit seinen Mitarbeitern Barnabas und Titus musste Paulus sich auf den Weg nach Jerusalem machen, um sich mit Petrus, Jakobus und Johannes, den Vertretern der Jerusalemer Gemeinde, zu treffen. Der Streit ging um den weiteren Weg des christlichen Glaubens. War das Evangelium nur für die Juden da – oder auch für die Heiden?
Das Spitzentreffen in Jerusalem brachte keine Einigung. Die Jerusalemer Gemeinde konnte der Auffassung des Paulus nicht zustimmen, dass Christus gekommen war, um ein Volk Gottes aus allen Völkern zu sammeln. Man einigte sich aber auf einen Kompromiss: Petrus solle das Apostelamt weiter unter den Juden ausüben, Paulus möge weiter unter den Heiden wirken. Und Paulus versprach darüber hinaus, eine Kollekte für die Gemeinde in Jerusalem zu sammeln. Eine „ Segensgabe“ zur Verbindung der sehr unterschiedlichen Gemeinden der Urchristenheit.
Gaben füreinander verbinden Christen
Dank überwindet Grenzen. Dank ist grenzenlos. Das ist Finanzausgleich in der Bibel: Die von Gott Beschenkten gleichen den Mangel der anderen aus. Menschen werden durch die Hilfe von Mitmenschen in die Lage versetzt, Gott zu loben. Paulus der Wegbereiter der ökumenischen Diakonie – „dass viele Gott danken.“ Zum Erntedankfest fragt er uns nach unserem Beitrag. Jerusalem kann überall sein. In diesem Sinn: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb!“