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Berlin will Plätze in Notunterkunft Tegel reduzieren

In Berlin soll die bundesweit erste Schutzunterkunft für Betroffene von Arbeitsausbeutung entstehen. Damit soll Arbeitsmigranten, die von Unternehmen mit zu geringen Löhnen ausgebeutet werden und in katastrophalen Massenunterkünften hausen müssen, Schutz geboten werden, sagte Sozial- und Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) am Montag in Berlin. Zudem sollen sie bei Klagen und Gerichtprozessen gegen die Arbeitgeber bei zu niedrigen oder unbezahlten Löhnen unterstützt werden.

Der Mindestlohn in Deutschland beträgt sei dem 1. Januar 12,82 Euro in der Stunde. Der Landesmindestlohn für Berlin liegt seit 1. Mai vergangenen Jahres sogar bei 13,69 Euro. Er wird beispielsweise dort wirksam, wo das Land Berlin einen Auftrag vergibt.

Die Sozialsenatorin sagte weiter, Zoll und Polizei stießen bei Razzien auf Baustellen, in der Gastronomie und in Unternehmen immer wieder auf Fälle von Ausbeutung. Zumeist seien die ausgebeuteten ausländischen Arbeitskräfte nicht in der Lage, sich dagegen zu wehren, weil sie vom Arbeitgeber abhängig sind. Als Beispiel nannte sie eine Razzia in einem Berliner Restaurant, wo die Angestellten in menschenunwürdigen Zuständen im Keller untergebracht waren. Weitere Details zu dem gemeinsamen Projekt von Zoll, Polizei, Sozialverwaltung, Bezirken und dem Berliner Beratungszentrum für Migration und Gute Arbeit (BEMA) sollen im März vorgestellt werden.

Zur Zukunft von Deutschlands größter Notunterkunft für Flüchtlinge auf dem Gelände des früheren Flughafens Berlin-Tegel sagte Kiziltepe, geplant sei, dort die Plätze zu reduzieren. „Wir werden Tegel aber nicht komplett schließen“, sagte die Sozialsenatorin. Die Betriebserlaubnis für die wegen des Ukraine-Krieges errichtete Großunterkunft läuft zum Jahresende aus. Aktuell sind dort rund 4.100 Plätze belegt und weitere 2.500 verfügbar.

Das Ziel bleibt laut Kiziltepe die dezentrale Unterbringung von Ukraine-Kriegsflüchtlingen und Asylsuchenden in der Stadt. „Großunterkünfte sind kein Ort der Integration“, betonte sie. Zudem sei Tegel sechs- bis achtfach so teuer wie dezentrale Unterkünfte.

Vor diesem Hintergrund ist der Senat nach ihren Worten auch mit der Bundeswehr im Gespräch. Angestrebt wird demnach im früheren militärischen Bereich des ausgedienten Flughafens dezentrale Unterkünfte für 2.000 bis 3.000 Personen zu errichten.

Geplant ist laut Kiziltepe zudem ein digitales Willkommenszentrum. Die zunächst siebensprachige Plattform soll die „Tür zu Beratung und Information“ für Geflüchtete und Zugewanderte sein. Die Plattform soll in diesem Jahr entwickelt und Anfang 2026 an den Start gehen.

Ein weiteres Projekt der Sozialverwaltung 2025 ist der Ausbau des Netzwerkes von Frauenschutzwohnungen. In diesem Jahr sollen 50 neue Plätze für Frauen und ihre Kinder geschaffen werden, sagte Kiziltepe. Angesichts der vielen Femizide sei „das dringend erforderlich“. Aktuell verfüge Berlin über 500 Plätze, gebraucht würden aber 700. Unter anderem um das zu finanzieren, müsse so schnell wie möglich vom Bundestag ein Gewalthilfegesetz verabschiedet werden.