Predigttext am Reformationstag (Auswahl): Matthäus 10, 26b-33
(…) 28 Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. 29 Kauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. 30 Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. 31 Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge. 32 Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. 33 Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.
Reformationstag! In einem Jahr schon beginnt das Festjahr zum 500. Jubiläum. Ich weiß, es ist umstritten, ob er die Thesen nun an die Schlosskirchentür in Wittenberg nagelte, anheften ließ oder ob sie schlicht auf Papier verbreitet wurden. Unstrittig aber ist, dass mit diesen Thesen, die vor allem in Frage stellten, ob die Kirche gegen Geldzahlung Sünden vergeben könnte, der Beginn eines enormen Prozesses war, der die Kirche und die Welt veränderte.
Reformatoren geht es zuerst um Glaubensfragen
In all den Überlegungen zum Reformationsjubiläum ist mir wichtig, dass es Martin Luther und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern zuallererst um Glaubensfragen ging. Luther hatte die Bibel intensiv studiert, in seiner Psalmenvorlesung und in der Vorlesung zum Römerbrief sich Vers für Vers durchgearbeitet, ja hingearbeitet zu der Erkenntnis, dass die Bibel nicht den strafenden Gott in den Vordergrund stellt, sondern den Gott, der dem Menschen Lebenssinn zusagt. Allein aus Gnade, allein aus Glauben leben wir, nicht, weil wir so Großartiges leisten oder die Gebote Gottes umsetzen. Denn am Ende kann das kein Mensch.
Luther beginnt mit den Thesen einen Weg der Auseinandersetzung mit seiner Kirche. Heute sagen viele: Wäre die Kirche auf die Kritik des Theologieprofessors aus Wittenberg und des Augustinermönches eingegangen, die Geschichte hätte sich anders entwickelt. Aber es kam zur Konfrontation, bei der Luther am Ende vor Kaiser Karl V. beim Reichstag zu Worms erklärte, wenn er nicht aus Vernunftgründen oder durch die Bibel widerlegt werde, sei er nicht bereit, seine Schriften zu widerrufen.
Das war eine entscheidende Bekenntnissituation. Im Predigttext heute heißt es: „Wer mich bekennt vor den Menschen, den will auch ich bekennen vor meinem himmlischen Vater.“ Jesus sagt denen, die ihm nachfolgen, zu, dass er zu ihnen stehen wird in Gottes Zukunft, wie sie zu ihm, zum Glauben an ihn stehen in dieser Zeit und Welt.
Es gibt auch heute Bekenntnissituationen auf Leben und Tod für Christinnen und Christen. In Indonesien, in Saudi-Arabien, ja sogar in der Türkei. Gerade angesichts des Terrors, den Milizen, die sich „Islamischer Staat“ nennen, ausüben, bezahlen Menschen, die an Jesus Christus glauben, dafür mit ihrem Leben.
Jesus – durch ihn begreifen, wer Gott ist
Aber auch wir in unserer so bequemen Situation der Religionsfreiheit sind gefragt, zum Glauben zu stehen. Zum einen gegenüber einer zunehmend säkularen Welt. Da ist es so manchen fast peinlich zu sagen: Ich glaube an Jesus Christus. Andere fragen dann, ob jemand das nötig habe, Angst vor dem Leben oder gar noch mehr Angst vor dem Sterben habe. Der aufgeklärte Mensch brauche doch keinen Glauben. Zum anderen brauchen wir ein klares Bekenntnis im Dialog der Religionen. Ja, solches Miteinander und Gespräch sind notwendig, damit Religion nicht zum Konfliktfaktor wird. Aber dabei darf nicht unter den Tisch fallen, dass Christinnen und Christen kein diffuses Gottesbild haben. Für uns ist Jesus Christus der Weg zu Gott, durch ihn begreifen wir, wer Gott ist, wie Gott handelt. Und schließlich ist Bekenntnis gefragt, wenn menschenverachtende Parolen gegenüber Flüchtlingen salonfähig zu werden scheinen. „Der Fremdling, der unter euch wohnt, den sollt ihr schützen“, heißt es in der Bibel. Und immer wieder wird gemahnt: „Denn er ist wie du!“. Weil wir alle Flüchtlinge sein könnten, immer wieder, wie es die Kriegsgeneration in den 40er Jahren erfahren hat und so mancher Ostdeutscher in den 80er Jahren, haben wir für Flüchtlinge einzutreten. O ja, Bekenntnis ist gefragt, damals wie heute.