Ein Schreiben aus dem 17. Jahrhundert lagerte lange in Prag – bis die Nazis es im Zweiten Weltkrieg mit nach Deutschland nahmen. Nun ist es zurückgekehrt. Der Inhalt des Dokuments zeugt von politischen Machtspielen.
Bayern hat ein historisch wertvolles Dokument an Tschechien zurückgegeben. Bei dem Schriftstück aus dem Staatsarchiv Amberg handelt es sich um einen teilweise verschlüsselten Brief aus hohen Adelskreisen, wie die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns am Donnerstag in München mitteilte. Autor ist demnach der kurpfälzische Beamte Johann Albrecht Graf von Solms-Braunfels. Sein Schreiben richtet sich an Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg, den Statthalter des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz (des sogenannten Winterkönigs) in der Oberpfalz.
“Der Gesandte berichtet am 26. August 1619 in französischer Sprache von seinen Bemühungen, die zwei Tage später erfolgte Wahl des Habsburgers Ferdinand II. zum deutschen Kaiser zu verhindern. Als Einziger sollte Graf Solms in Vertretung seines Herren gegen den Habsburger stimmen”, heißt es in der Mitteilung. Das Schreiben sei Teil der persönlichen Korrespondenz Christians von Anhalt, die er offenbar von Amberg nach Prag mitgenommen und bei seiner Flucht nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg 1620 dort zurückgelassen habe.
1943 war das Schreiben von den Nationalsozialisten aus dem Stadtarchiv Prag entwendet und nach Deutschland gebracht worden, wie es weiter hieß. Dieser Vorgang sei erst 2022 durch ein Provenienzforschungsprojekt aufgedeckt worden.
Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) sagte: “Mit der Rückgabe setzen wir ein klares Zeichen: Gerechtigkeit kennt kein Verfallsdatum. Durch Kooperation und gemeinsame Expertise können wir Brücken von der Vergangenheit in die Gegenwart und über Ländergrenzen hinweg schlagen.”
Der Prager Oberbürgermeister Bohuslav Svoboda ergänzte: “Diese außergewöhnliche Rückgabe von Archivgut erinnert uns einmal mehr daran, wie wichtig die Pflege des kulturellen Erbes und der Archivalien ist, die für das Verständnis unserer Geschichte von zentraler Bedeutung sind.”
Andreas Künne, deutscher Botschafter in Prag, fügte an, Kulturgüter seien Träger von Geschichte, Identität und kollektiver Erinnerung. “Doch viele von ihnen sind unrechtmäßig über Grenzen hinweg verschoben, sind geraubt worden. Ihre Rückgabe ist daher nicht nur eine rechtliche Frage, sondern auch eine der moralischen Gerechtigkeit.”