Von Franziska Hein (epd) und Sibylle Sterzik
Der Klingelbeutel ist eine der letzten Bastionen des Bargelds. Bargeldlose Kollekte – damit haben sich zwar einige Kirchengemeinden in den vergangenen Jahren schon beschäftigt, doch durchgesetzt hat sich das bislang nicht. Jetzt, da wegen der Corona-Pandemie die Gottesdienste fast in allen Gemeinden im Internet gestreamt werden, fällt auch die sonntägliche Spendensammlung in den Kirchenbänken aus. Dadurch fehle Geld in erheblichem Umfang, sagt Jens-Peter Iven, Pressesprecher der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Die meisten Gemeinden sammeln Geld für eigene Projekte, ebenso wie für Projekte im Kirchenkreis, in der jeweiligen Landeskirche, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) oder der weltweiten Ökumene. „Das trifft naturgemäß alle Projekte schwer, die ausschließlich oder weitgehend von Kollekten und Spenden leben“, sagt Iven.
Jede Landeskirche veröffentlicht für ihre Gemeinden einen Kollektenplan, doch die meisten Gemeinden sammeln zwei Kollekten. Das Spendenziel für die zweite Kollekte bestimmen die Gemeinden dann selbst. Am Ostersonntag soll in der rheinischen Kirche zum Beispiel für die kirchliche Hilfsorganisation „Brot für die Welt“ gesammelt werden. Die katholischen Bistümer baten am vergangenen Sonntag, dem Palmsonntag, um Spenden für die Christen im Heiligen Land.
Wegen der Corona-Pandemie blicken die Bischöfe auf die Folgen der ausfallenden Sammlungen, heißt es in einer von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz veröffentlichten Mitteilung.
Viele evangelische und katholische Gemeinden haben für das Problem der wegfallenden Kollekte noch keine Lösung gefunden, weil sie derzeit mit der Lösung anderer drängender Probleme im Gemeindeleben beschäftigt sind. So meldete etwa die größte evangelische Landeskirche Hannover zurück, man habe im Blick, welche Kollektenziele von den ausgefallenen Gottesdiensten betroffen sind. „Wenn wieder Normalität eingekehrt ist, werden wir überlegen, ob irgendwo eine Hilfsbedürftigkeit durch ausfallende Kollekten entstanden ist“, sagt Pressesprecher Johannes Neukirch.
Kreative Ideen in der Rheinischen Kirche
Die Auferstehungskirchengemeinde Duisburg-Süd hatte eine kreative Idee. Die Gemeinde übernimmt bis auf weiteres sonntags anstelle der Gottesdienstbesucher die Kollekte mit 200 Euro und bittet dafür um Unterstützung durch Spenden. „Das ist eine tolle, pfiffige Idee“, sagt Pressesprecher Iven.
Die rheinische Kirche profitiert derzeit von der Möglichkeit zur Online-Kollekte, die es dort seit vergangenem Jahr gibt. Auf einer von der Bank für Kirche und Diakonie eingerichteten Internetseite kann sie für den jeweiligen Sonntag Spenden sammeln. Nutzer können über den Online-Bezahldienst PayPal spenden – aber auch Lastschrift oder Kreditkarten werden als Zahlungsmethode akzeptiert. „Den Gemeinden, die ihre Sonntagsgottesdienste streamen, empfehlen wir die Verlinkung im Stream zu dieser Möglichkeit, sagt Iven.
Im Livestream einblenden
Doch nicht alle Gottesdienstbesucher haben Online-Banking. Einige Kirchengemeinden im Rheinland überlegen daher, im Livestream gleich entsprechende Kontonummern einzublenden. So auch im Pfarrbezirk von Pfarrer Oliver Ploch aus Bonn-Bad Godesberg. Für ihn ist klar, dass der Kollekten-Ausfall viele kirchliche Hilfswerke oder Organisationen und Initiativen hart treffen wird. „Viele rechnen mit ihren Kollekten“, sagt Ploch. „Wir kommunizieren allerdings, dass sich niemand durch Besuche an einem Überweisungsterminal oder am Bankschalter in Gefahr bringen soll.“
Neben Geldspenden oder Kollekten sei im Moment die gegenseitige Unterstützung und Nachbarschaftshilfe wesentlich. „Ich bin sicher, dass wir uns auch auf die Großzügigkeit der Gemeinde verlassen können, wenn wir wieder normal Gottesdienst feiern können“, sagt der Pfarrer. An einem Sonntag kommen in der Godesberger Christuskirche regelmäßig etwa 1000 Euro Kollekte zusammen. Mehrere hundert Menschen besuchen den Gottesdienst. Die Gemeinde hat für den Neubau der Orgel 400000 Euro zusätzlich zu den Kollekten gesammelt. Ploch: „Ich bin sicher, dass diejenigen, die ohnehin gerne spenden, das während und auch nach der Corona-Krise weiterhin tun werden, auch wenn die wirtschaftliche Situation für uns alle ungewiss ist.“
EKBO verschickt Kollektenaufruf per Rundschreiben
Die EKBO informierte ihre Gemeinden mit einem Rundschreiben. Hier betragen die Kollekteneinnahmen jeden Sonntag durchschnittlich etwa 30000 Euro, vergleichbare Beträge kommen noch einmal bei den Ausgangskollekten zusammen, die in der Gemeindearbeit benötigt werden. Wenn nun Gottesdienste telefonisch, digital oder per Post „nach Hause gebracht“ werden, wie es in dem Schreiben von Synodenpräses Sigrun Neuwerth und dem Vorsitzenden des Kollektenausschusses, Superintendent Uwe Simon, heißt, steht die kirchliche Arbeit jetzt in vielen Bereichen vor der Frage, wie sie weiter gewährleistet werden kann. Gemeinden werden gebeten, auf das Spenden per Überweisung hinzuweisen. Dafür wurde für jeden Sonntag bis zum 19. April ein Kurztext mit Angabe der Kontonummer erstellt und eine Fürbitte.