Hamburg / Lübeck. Ein Kreuzweg führt immer durch die Stadt. Die Straße, die so heißt, geht vom Steindamm ab. Im Januar haben dort Männer eine obdachlose Frau angegriffen. Der Name der Straße stammt aus dem Mittelalter, als ein Prozessionsweg durch die Hansestadt führte. Kreuzwege lassen Christen den Leidensweg Jesu, die „Via Dolorosa“, von seiner Verurteilung bis zur Grablegung nachempfinden.
Am 7. April, Karfreitag, bricht eine Pilgergruppe nach dem 10-Uhr-Gottesdienst in der Hauptkirche St. Jacobi auf, um diese uralte Strecke nachzugehen. Sie wird durch den Kreuzweg in der Innenstadt führen.
„Der Kreuzweg heißt für mich nachgehen und die letzten Stationen Jesu auf der Welt begreifen“, sagt Pilgerpastor Bernd Lohse. Gemeinsam mit Pastorin Katja Oldenburg-Luckey gestaltet er den Weg durch sieben Stationen mit Liedern, Texten, Gebeten. Wie in den acht Jahren zuvor wird die Gruppe um 14 Uhr zur ökumenischen und interreligiösen Kreuzwegandacht an der mittelalterlichen Kreuzigungsgruppe auf dem St. Georgs Kirchhof stoßen. Sie beten, wo bereits vor rund 500 Jahren Menschen beteten.
Zeigen, was Leiden bedeutet
Andere demonstrieren zur selben Zeit auf dem „Kreuzweg für die Rechte der Flüchtlinge“. Dazu ruft die diakonischen Basisgemeinschaft „Brot und Rosen“ auf. „Der Kreuzweg ist christliche Demonstration und politische Liturgie“, sagt Dietrich Gerstner von der Basisgemeinschaft. „Bleibet hier“ – das kann man nach Taizé singen und politisch fordern. „Es geht uns darum, zu zeigen, was Leiden bedeutet“, sagt Gerstner.
Politische Forderung auf dem Weg.
Zum 18. Mal führt ein Kreuzweg für Flüchtlinge durch Hamburgs Innenstadt, er wird unter anderem mitgetragen von der evangelischen und der katholischen Flüchtlingsarbeit. Treffpunkt ist auf dem Hamburger Rathausmarkt um 12.30 Uhr. Für Gerstner ist dieser Ort ein Symbol. „Das ist der Ort der Regierung. Auch der Leidensweg Jesu begann im Haus des Statthalters Pilatus, wo er verurteilt wurde“, sagt er.
Bischöfin Fehrs in Lübeck
Der Kreuzweg für die Rechte der Flüchtlinge bringt „Themen auf die Straße“, heißt es auf der Ankündigung. So wird etwa ein Mitglied aus dem hindu-afghanischen Tempel von den Abschiebungen aus Hamburg nach Afghanistan berichten. „Das ist nicht religiös vereinnahmend gemeint, sondern als Möglichkeit für eine politische Forderung“, betont Gerstner. Er musste bei den Vorbereitungen die Zeiten der rund zehnminütigen Impulse gut planen, weil einige Redner am Nachmittag in ihrer Kirche sein müssen.
In Lübeck begehen evangelische und katholische Christen gemeinsam Deutschlands ältesten Kreuzweg. Beginn ist um 10 Uhr an der St.-Jakobi-Kirche. In diesem Jahr wird die Frage „Was ist Wahrheit?“ in Kurzpredigten an den fünf Stationen des Kreuzweges beleuchtet – unter anderem sind Bischöfin Kirsten Fehrs, der katholische Erzbischof Stefan Heße sowie der frühere Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Björn Engholm, beteiligt. Geplant ist eine Strecke zum Jerusalemsberg – mit 1650 Metern ist sie so lang wie die „Via Dolorosa“ in Jerusalem. Diese Entfernung soll Jesus nach seiner Verurteilung bis zum Ort seiner Kreuzigung gegangen sein.