Von Sibylle Sterzik (mit epd)
Wer sein Leben beenden möchte, weil er es vor Schmerz und Leid nicht mehr aushält, darf mit professioneller Begleitung sterben dürfen. Diesen Beschluss hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 26. Februar dieses Jahres gefasst. Damit kippte es das seit 2015 geltende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe nach Paragraf 217 und stärkte das Selbstbestimmungsrecht schwerkranker Menschen.
Assistierte Selbsttötung lehnen die christlichen Kirchen ab. Der Beschluss fand darum auch viele Kritiker in ihren Reihen. Sowohl der Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, als auch der damalige Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, äußerten sich enttäuscht. Das Urteil stelle „einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur dar“, teilten beide am 26. Februar in einer gemeinsamen Erklärung mit. „Wir befürchten, dass die Zulassung organisierter Angebote der Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf subtile Weise unter Druck setzen kann, von derartigen Angeboten Gebrauch zu machen“, erklärten die Kirchenvertreter.
Inzwischen hat der hannoversche Landesbischof Ralf Meister die kirchliche Einheitsfront durchbrochen, längst nicht als einziger, aber doch als prominenter Kirchenvertreter. Öffentlich sagte er, er könne sich Sterbehilfe auch in kirchlichen Einrichtungen vorstellen. „Wir diskutieren diese Ausnahmesituation zurzeit innerhalb der Kirche. Auch strittig“, sagte der Bischof Ende August dem Magazin „Christ & Welt“, das der Wochenzeitung „Die Zeit“ beiliegt. Wenn ein Mensch sterben wolle und die Unterstützung von Dritten wünsche, müsse das ernst genommen werden. „Natürlich wünsche ich mir, dass er von seinem Vorhaben Abstand nimmt. Aber wenn das nicht geschieht, muss ich ihm beistehen, auch in der Phase des Suizids. Warum sollte die Kirche das einem Sterbehilfeverein überlassen?“ (…)
Ausgabe kaufen und weiterlesen.