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Arte zeigt Neues aus der ältesten Republik der Welt

Das in Norditalien gelegene San Marino ist nach dem Vatikan der kleinste Staat in Europa. Das Katholische verbindet beide Länder. Doch darum geht es in dem Beitrag aus der Arte-Reportagereihe “Re:” nur am Rande.

“Freiheit” steht auf der Flagge von San Marino. Wie ist es darum im Alltag des kleinen, komplett von Italien umschlossenen Staates bestellt? Ralph Weihermann und Markus Harmann suchen in ihrem Beitrag für die Arte-Reportagereihe “Re:” nach Antworten. Der 30-Minüter, zu sehen am Mittwoch um 19.40 Uhr, trägt den Titel “Frauenpower für San Marino – Ein Zwergstaat erfindet sich neu”.

Ihre Innenansichten aus dem kleinen Land beginnen die beiden Autoren allerdings mit einer Männerdomäne: dem Armbrustschießen. Sportliche 18 Kilo wiegt die Waffe. Um das in 36 Metern Entfernung liegende Ziel zu erreichen, braucht es festen Willen und Konzentration auf das Wesentliche, erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer.

Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Frauenrechte. Die Reportage begleitet eine der Vorkämpferinnen, Valentina Rossi. Die Lehrerin ist Mitglied der Frauenrechtsorganisation Unione Donne Sammarinesi (UDS) und hat sich unter anderem für die gleichgeschlechtliche Ehe stark gemacht, die vor einigen Jahren in San Marino zugelassen wurde. Nun will sie sich dem Thema Gewalt gegen Frauen widmen.

“Es sind viele kleine Schritte, die man beachten muss, um einen großen Schritt nach vorne zu machen und Veränderungen in einer Demokratie zu erreichen”, sagt Rossi aus dem Off, während der Film sie dabei zeigt, wie sie die steilen Treppenstufen in der malerischen Altstadt von San Marino hochgeht.

Bei Wege vermittelt die Doku Wissenswertes über das Land und seine Geschichte. Die “älteste Republik der Welt” wurde der Legende nach vor 1.700 Jahren vom heiligen Marinus gegründet. Die Hauptstadt von San Marino liegt malerisch am bis zu 739 Meter hohen Monte Titano. Insgesamt leben auf einer Fläche von nur 62 Quadratkilometern rund 34.000 Menschen.

Die Sanmarinesen sind stolz auf ihre Unabhängigkeit. Ihr Land gehört nicht zur EU. Zwar sind die Übergänge zu Italien allesamt offen und ohne Schlagbaum. Aber die “Guardia di Rocca” sorgt dafür, dass beispielsweise Drogen nicht nach San Marino hinein- und Waffen nicht herausgeschmuggelt werden.

Elena Tini ist eine der ersten Frauen in der fast 300-jährigen Geschichte der “Felsenwache”. Mit Laserpointer und Maschinengewehr bewaffnet, kontrolliert Tini in schusssicherer Weste die Grenzen und bewacht den Palazzo Pubblico, den Regierungssitz. Sie fühle sich gern “als aktiver Teil unseres Staates”, erklärt sie ihre Motivation für den Job.

Frauen wie sie gelten manchen Mitbürgerinnen als Vorbild. Auch wenn Elena einräumt, auf eine eher klassische Rollenverteilung zu setzen, wenn sie aufgrund ihrer Dienstzeiten ihre Tochter nicht aus der Grundschule abholen kann. Dann kommt ihre Mutter zum Einsatz. In Sachen Frauenpower ist also durchaus noch Luft nach oben. Aber: “Die Dinge bewegen sich”, glaubt Stadtführerin Antonia Ponti. So stellen im Parlament Frauen gut 30 Prozent der Abgeordneten. Damit liegt deren Anteil fast annähernd so hoch wie im Bundestag.

Eine weitere Besonderheit im politischen Leben des Zwergstaates: Alle sechs Monate wählen die Sanmarinesen zwei Staatsoberhäupter – “Capitani Reggenti” -, die im Team die Geschicke der Republik leiten. Inzwischen bekleiden Frauen regelmäßig das höchste Amt im Land. Was der Job bedeutet, schildert Paolo Rondelli, bis vor wenigen Monaten das erste offen schwul lebende Staatsoberhaupt der Welt.

Noch bis 2004 standen homosexuelle Handlungen unter Strafe. Auch heute, so legt die TV-Reportage nahe, vermeiden Rondelli und sein Partner, Hand in Hand durch die Straßen zu gehen. Das frühere Staatsoberhaupt zeigt sich jedoch überzeugt, dass viele mit dem gesellschaftlichen Wandel weniger Probleme haben als manche Politiker. “Die Gesellschaft ist bereit für Veränderungen; das haben wir ja hier in den vergangenen Jahren erlebt.”

Die beiden Autoren Weihermann und Harmann kommen ihren Hauptpersonen nahe, ohne aufdringlich zu sein. Dies ist eine der Stärken des Beitrags. Vielleicht wird ein bisschen zu häufig am guten Espresso genippt. Aber das ist der einzige Klischeealarm in einer kurzweiligen Doku, die einen Blick hinter die Postkartenkulisse von San Marino unternimmt.