Millionen Menschen in Deutschland sitzen in der Schuldenfalle – sie können Miete, Kredite und Rechnungen nicht mehr stemmen. Auslöser gibt es viele.
Die Rücklagen sind aufgefressen, das Konto im Minus: Mehr als 5,5 Millionen Menschen waren im vergangenen Jahr in Deutschland überschuldet. Sie konnten weder ihre Miete bezahlen noch Kredite bedienen oder anderen Zahlungsverpflichtungen nachkommen. Für Betroffene bedeutet das fast immer “Stress, Druck und fehlende Perspektive”, wie Caro Berndt, wissenschaftliche Referentin beim “institut für finanzdienstleistungen” (iff) in Hamburg, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch erklärte. Besonders oft betroffen seien Geringverdienende, Alleinerziehende und Haushalte mit mehreren Kindern.
“Die Verläufe von Überschuldung sind nicht geradlinig. Häufig gibt es außerdem mehrere Gründe, die dazu führen, dass Menschen in finanzielle Schieflage geraten”, so die Expertin. Typische Gründe seien etwa der Verlust der Arbeitsstelle, die Trennung vom Partner oder Erkrankungen. “Viele reagieren darauf zunächst mit Sparmaßnahmen und gehen an ihre Rücklagen. Irgendwann reicht das nicht mehr, dann kommen sie in Zahlungsverzug und können ihre Verbindlichkeiten über einen längeren Zeitraum nicht mehr bedienen”, sagte Berndt, die auch als Schuldner- und Insolvenzberaterin arbeitete.
Das iff erstellt als gemeinnütziges Forschungsinstitut jedes Jahr einen Überschuldungsreport. Vergangenes Jahr wertete es dafür knapp 24.000 Fälle aus mehr als 100 Schuldenberatungsstellen bundesweit aus.
Etwa jeder Dritte (35 Prozent), der zur Schuldnerberatung geht, hat dem iff zufolge weniger als 10.000 Euro Schulden; 42 Prozent der Menschen in Schuldnerberatung sind mit Schulden zwischen 10.000 und 40.000 Euro belastet. 23 Prozent – also mehr als jeder Fünfte – haben einen Schuldenberg ab 40.000 Euro. “Viele kommen erst spät in die Schuldnerberatung”, mahnt Berndt. Dann gehe es darum, sich einen Überblick zu verschaffen: “Manche haben aus Angst seit Monaten keine Briefe mehr geöffnet.”
Schuldnerberater suchten mit den Betroffenen dann etwa nach weiteren Einsparoptionen und nach nicht ausgeschöpften Möglichkeiten, staatliche Leistungen zu beziehen. Sie unterstützten bei der Verhandlung mit Gläubigern und bei der Beantragung eines Insolvenzverfahrens. In manchen Fällen würden sie Schuldner darin auch begleiten.
“Es dauert unterschiedlich lange, bis jemand aus der Überschuldung raus ist”, sagt Berndt. Das hänge stark von der Schuldenhöhe und den verfügbaren Mitteln zur Tilgung ab. “Ein Verfahren zur Privatinsolvenz dauert aber drei Jahre, danach sind Menschen schuldenfrei – und können neu anfangen.”