Artikel teilen:

Antidiskriminierungsbeauftragte: Politische Bildung wichtig

Rechtsextreme Einstellungen nehmen in Deutschland laut einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zu. Gleichzeitig beklagten immer mehr Menschen Einsamkeit und persönliche Krisen. Das eine könnte das andere bedingen.

Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, hat angesichts einer Zunahme rechtsextremer Einstellungen in Deutschland davor gewarnt, Mittel für die politische Bildungsarbeit zu kürzen. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) seien “alarmierend und ein Weckruf”, sagte Ataman am Donnerstag in Berlin. Menschenfeindliche Einstellungen seien mehr als nur Statistik. “Sie haben Folgen.”

Die SPD-nahe FES hatte am Donnerstag die aktuelle Ausgabe ihrer alle zwei Jahre erstellten “Mitte-Studie” zu rechtsextremen Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft vorgestellt. Menschen in Deutschland werden dieser Studie zufolge für rechtsextreme und demokratiefeindliche Einstellungen empfänglicher. Der Anteil der Bürger mit einer klar rechtsextremen Orientierung habe sich im Vergleich zu den Vorjahren auf etwa acht Prozent verdreifacht, liege aber noch im einstelligen Prozentbereich. Der Graubereich sei erstmals über 20 Prozent angestiegen.

Für die “Mitte-Studie” wurden den Angaben zufolge 2.027 Personen ab 18 Jahren im Januar und Februar telefonisch befragt. Die Studie “Die distanzierte Mitte” wurde in Zusammenarbeit mit dem Institut für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld erstellt.

Als einen Grund für die Entwicklung sehen die Autoren, dass immer mehr Menschen häusliche Einsamkeit erlebten und von persönlicher Verunsicherung und Krisen belastet seien. “Wer denkt, ausgeschlossen und isoliert zu sein und das Gefühl hat, dass einem Gesellschaft fehlt, ist weniger krisenresilient, beteiligt sich politisch weniger und neigt eher zu menschenfeindlichen wie auch antidemokratischen Einstellungen als Personen, die seltener Einsamkeit erleben”, resümierten die Studien-Autoren. Einsamkeit sei mit Scham besetzt, deshalb brauche es inklusive und sensible Angebote, die nicht noch mehr ausgrenzten, sagte die Sozialpsychologin Beate Küpper.

Die Zunahme demokratiegefährdender und demokratiefeindlicher Einstellungen spiegele sich insbesondere in der Herabwürdigung von Minderheiten, der Anfälligkeit für Populismus sowie einem generellen Verschwörungsglauben wider, heißt es in der Studie. Ebenso gebe es eine Hinwendung zu neurechten, nationalistischen, rechtsextremen und gewaltbilligenden Positionen. Sich selbst positionierten 15,5 Prozent der Befragten als “rechts der Mitte”; bei der vorherigen Befragung war es nur knapp jeder Zehnte.

Die Zustimmung zur Demokratie sei rückläufig: Dass diese Staatsform “im Großen und Ganzen ganz gut funktioniert”, bejahten 56,9 Prozent der Befragten. Zuletzt wurde in der Studie 2018 danach gefragt, als 64,9 Prozent dem zustimmten. Der Aussage “Wir müssen uns stärker für eine vielfältige und offene Gesellschaft engagieren”, bejahten in der aktuellen Studie 67 Prozent der Befragten, 2018 waren es noch 74,5 Prozent.

Die flucht- und rechtspolitische Sprecherin der Linken, Clara Bünger, warnte davor, in der Migrationsdebatte “Öl ins Feuer von Ressentiments und Gewaltbereitschaft” zu gießen.