Artikel teilen

Anschlag von Magdeburg: Einfach mal die Klappe halten

Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind sie sofort da: die Rufe nach Konsequenzen. Dabei wäre Schweigen die richtige Antwort, kommentiert Gerd-Matthias Hoeffchen.

Nach dem Anschlag von Magdeburg ist Schweigen und Gedenken angesagt
Nach dem Anschlag von Magdeburg ist Schweigen und Gedenken angesagtImago / epd-bild

Entsetzen. Betroffenheit. Angst. Vor allem: Fassungslosigkeit. So wird es den meisten ergangen sein, als sie vom Anschlag in Magdeburg gehört oder gelesen haben. Ein Arzt rast mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt, will offenbar Menschen töten. Und das schafft er auch. 70 werden verletzt, zum Teil schwer. Bislang fünf sterben.

Angesichts solcher wahnsinnigen Taten fällt es einem schwer, überhaupt Worte zu finden. Und vor allem: angemessene Worte. Die Tat ist so verstörend, dass man eigentlich schweigen sollte. Zumal zunächst ja völlig unklar war, was Motiv, Hintergrund und Umfeld des Täters darstellen.

Magdeburg: Gebete für die Opfer angemessen

Schweigen wäre angemessen. Stille Klage. Gebete für die Opfer und Angehörigen. Und das tun ja auch viele Menschen. Sie treffen sich zur Andacht. Entzünden Kerzen.

Aber es gibt auch jene, die sofort laut loskrakeelen. Ohne auch nur ansatzweise die Hintergründe der Tat zu kennen oder zu verstehen, schimpfen sie los: Islamismus! Blöde Politiker! Warum lasst ihr so etwas zu? Besonders verstörend das Poltern des us-amerikanischen Multimilliardärs Elon Musk, der gleich nach der Tat den Bundeskanzler beschimpfte („unfähiger Idiot“) und ihn zum Rücktritt aufforderte.

Weihnachtsmarkt-Anschlag: Unmögliche Reaktion von Elon Musk

Was geht in den Köpfen dieser Schreihälse vor? Und in ihren Herzen? Dass viele von ihnen nach jedem irgendwie geeignet erscheinenden Werkzeug greifen, um auf ihre politischen Gegner einzudreschen – daran haben wir uns mittlerweile gewöhnen müssen. Das passiert übrigens nicht nur auf der politischen Rechtsaußen-Seite wie bei Elon Musk, der erst half, Donald Trump zum US-Präsidenten zu küren und dann kürzlich verkündete, nur die AfD könne Deutschland retten. Auch auf der links-liberal-progressiven Seite wurde die Mordfahrt kurz nach der Tat instrumentalisiert. Nämlich mit dem der lautstarken Belehrung, dass der Täter offenbar den Rechtsradikalen nahestand.

Nach dem Spiel in Düsseldorf halten die Spieler des 1. FC Magdeburg gemeinsam mit den Fans inne
Nach dem Spiel in Düsseldorf halten die Spieler des 1. FC Magdeburg gemeinsam mit den Fans inneImago / Beautiful Sports

Aber: In einer Situation wie in Magdeburg verbietet sich so etwas. Wenn Gewalt und Grauen ins Leben brechen, Leben zerstören, ist die angemessene erste Reaktion: Stille Klage. Fürbitte. Mitgefühl. Zeichen der Anteilnahme und der Solidarität. Wie beim Handball-Bundesligisten SC Magdeburg, der das Spiel gegen die Mannschaft vom ThSV Eisenach absagte – und eben nicht durch die Straßen zog, um Hass und Revanche – gegen wenn auch immer – in die Welt zu schreien.

Oder wie beim Zweitliga-Spiel Düsseldorf gegen Magdeburg, das am Freitagabend stattfand. Als sich die Nachricht vom Anschlag verbreitete, stellten Fans beider Lager die Unterstützung ihrer Mannschaften ein – und im Stadion entstand sofort eine Atmosphäre des Mitgefühls.

Herr erbarme dich. Über die Opfer. Über die Angehörigen. Und bewahre uns vor weiterer Gewalt. Was ist angemessen nach solch einer Terror-Tat? Manchmal sind Kerzen und Gebete das Einzige, was einem aufrichtigem Herzen bleiben.