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Anne-Frank-Ausstellung in Kiel soll Jugendliche stärken

Mit Zeitzeugenberichten, Fotos und Videos erzählt die Wanderausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ von der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus, dem Holocaust und vor allem vom Leben der Anne Frank. Das wohl bekannteste jüdische Mädchen wurde 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen ermordet. In ihrem berühmten Tagebuch berichtet sie vom Schrecken, den sie aufgrund der Verfolgung durch die Nationalsozialisten erleben musste. Sie schreibt von Ungerechtigkeit, aber auch von den alltäglichen Problemen eines Teenagers. Ab Sonntag ist die Ausstellung bis zum 9. Oktober in der Offenen St. Nikolai Kirche Kiel zu sehen.

Die Ausstellung wurde 2012 vom Anne-Frank-Haus in Amsterdam und dem Anne-Frank-Zentrum in Berlin entwickelt und richtet sich speziell an Jugendliche ab der siebten Klasse. Sie verfolgt ein Peer-to-Peer-Prinzip: Die Schulklassen werden von ausgebildeten Gleichaltrigen durch die Ausstellung geführt. „Das sind mehr als 20 junge Menschen ab 16 Jahren aus Kieler Schulen und dem Umkreis, die das ehrenamtlich machen“, erklärt Projektkoordinatorin Kathrin Gomolzig von der Aktion Kinder und Jugendschutz in Schleswig-Holstein.

Die jungen Ausstellungsbesucher sollen sich dem Thema so besser annähern können. Außerdem wird die Ausstellung von einem Rahmenprogramm begleitet. Gomolzig möchte, dass junge Menschen die Ausstellung gestärkt verlassen. Es gebe sehr viele Jugendliche, die sich von populistischen und rechtsextremen Strömungen, gerade im Social Media Bereich, angesprochen fühlen. „Dazu müssen wir ein Gegengewicht finden“, sagt die Bildungsreferentin.

Der Landesbeauftragte für politische Bildung, Christian Meyer-Heidemann, hofft auch, „dass alle Besucherinnen und Besucher durch die Ausstellung ermutigt werden, sich für Gerechtigkeit, Menschenrechte und Demokratie einzusetzen und sich empathisch für diejenigen stark zu machen, die verfolgt oder diskriminiert werden.“

Es gehe darum, Zusammenhänge zu lernen, die notwendige Komplexität demokratischer Entscheidungen zu verstehen und populistische und extremistische Narrative kritisch zu hinterfragen. Ein Ausstellungsbesuch könne den gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht sinnvoll bereichern und vertiefen, findet Meyer-Heidemann.

Der Landesbeauftragte beobachtet ein hohes Interesse an Ausstellungen zur Erinnerungskultur. „Das jüdische Museum Rendsburg und auch die NS-Gedenkstätten in Schleswig-Holstein verzeichnen steigende Zahlen an Besucherinnen und Besuchern.“

Zugleich nähmen die Angriffe auf Orte der Erinnerung stetig zu. „Die Statue von Anne Frank in Amsterdam wurde letztes Jahr mit Farbe beschmiert. In Flensburg wurde im Mai 2024 eine Stele, die an im Nationalsozialismus ermordete Sinti und Roma erinnert, mutwillig beschädigt“, sagt Meyer-Heidemann.

Auch in Kiel waren solche Angriffe bei den Vorbereitungen der Ausstellung ein Thema. Die Polizei sei über die Ausstellung informiert, sagt die Pastorin an der Offenen St. Nikolai-Kirche, Maren Schmidt. „Wenn wir das nicht machen, weil wir fürchten, dass es Angriffe geben könnte, hätte die andere Seite gewonnen.“

Für die Pastorin hat die Ausstellung eine wichtige Botschaft: „Wir geben Menschen Raum, die darunter gelitten haben, was auch Kirche damals mit verschuldet hat.“ Für sie sei es ein großer Wert der Ausstellung, dass sie eine Brücke zur Gegenwart schlage. Die Schau frage danach, wie die Menschen heute zusammen leben, wie Religionen miteinander umgehen wollen und wo heute Rassismus oder Diskriminierung stattfinden.

Anne Frank war ein jüdisches Mädchen, das 1929 in Frankfurt am Main geboren wurde. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zog sie 1933 mit ihrer Familie nach Amsterdam. 1942 entschied sich die Familie dazu, unterzutauchen. In ihrem Tagebuch schreibt Anne Frank von 1942 bis 1944 über ihren Alltag in der Amsterdamer Prinsengracht.

Schließlich wurde die Familie entdeckt und deportiert. Anne Frank starb 1945 im Alter von 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Ihr Vater Otto Frank, der als einziger der Familie den Holocaust überlebte, rettete ihr Tagebuch und publizierte es nach Kriegsende. Es wurde in rund 70 Sprachen übersetzt und gehört heute zum Weltdokumentenerbe.