Artikel teilen

Anne Applebaum beschreibt die neue Allianz der Diktatoren

Anne Applebaum hat ihr neues Buch den Optimisten gewidmet. Und Optimismus scheint dringend nötig angesichts der Gefahr, die der Demokratie weltweit droht.

Russland, China, Iran, Nordkorea, Venezuela, Kuba, Syrien und weitere Staaten bilden laut Anne Applebaum eine Gemeinschaft von Autokratien. Diese beschreibt die Autorin in ihrem neuen Buch “Die Achse der Autokraten”: Mit Korruption, Kontrolle und Propaganda halten sich die Diktatoren gegenseitig an der Macht. Applebaum warnt vor einer Zerstörung der Demokratie und hat Vorschläge, wie man sie sichern könnte.

Die US-amerikanische Journalistin und Historikerin Anne Applebaum erhält am 20. Oktober den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Sie gilt als Expertin der osteuropäischen Geschichte und hatte schon früh vor einer möglichen gewaltvollen Expansionspolitik Wladimir Putins gewarnt. Für ihre Bücher wie die “Die Verlockung des Autoritären” (2021) erhielt Applebaum international große Aufmerksamkeit und bedeutende Auszeichnungen.

Eine Autokratie ist ein politisches System, bei der eine Person oder eine bestimmte Personengruppe das Sagen hat und entsprechend die Politik des Landes gestalten kann. Nach den Erkenntnissen von Applebaum bestehen sie aus “raffinierten Netzwerken mit kleptokratischen Strukturen, einem komplexen Sicherheitsapparat aus Armee, Paramilitärs und Polizei sowie technischen Experten, die für Überwachung, Propaganda und Desinformation zuständig sind.”

Immer wieder werden Sanktionen gegen ein oder mehrere dieser Länder verhängt, ohne jedoch zu grundlegenden Änderungen zu führen. Die Journalistin Applebaum wundert das nicht, denn die Mitglieder dieser autokratischen Netzwerke stünden miteinander in Verbindung. Sie hat festgestellt, dass korrupte, vom Staat kontrollierte Unternehmen in einer Diktatur Geschäfte mit ähnlichen Unternehmen in anderen Diktaturen machen.

Außerdem, so Applebaum, unterstützen die Polizeikräfte eines Landes die der anderen mit Ausrüstung und Ausbildung. Dazu käme noch, dass die Propagandisten ihre Ressourcen wie zum Beispiel Trollfarmen untereinander teilten. Medien, die die Lügen eines Diktators verbreiten, könnten auch die eines anderen in den Umlauf bringen, wobei es noch nicht einmal darauf ankäme, dass die Menschen diese glaubten. “Autokraten können nur gewinnen, wenn sie Hoffnungslosigkeit und Zynismus verbreiten, und zwar nicht nur im eigenen Land, sondern in der ganzen Welt”, stellt sie fest.

“Der Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 war die erste militärische Schlacht im Konflikt zwischen der Achse der Autokratie und der demokratischen Welt”, so Applebaum. Ihrer Meinung nach haben die demokratischen Staaten die Dimension der Herausforderung unterschätzt. Denn die autokratischen Regierungen halfen einander. China hatte bereits im Vorfeld Russland unterstützt, Iran lieferte Drohnen, Nordkorea Munition und Raketen. Russische Klientelstaaten in Afrika taten das Ihre dazu, schreibt die Expertin.

Die autokratischen Herrscher hassen alles das, was ihre Macht gefährden könnte, sagt die Autorin. Dazu gehören ihrer Meinung nach Menschenrechte, eine unabhängige Justiz und Pressefreiheit. Applebaum kommt zu einem deutlichen und erschreckenden Urteil: Die Autokraten wollen ein globales System errichten, das Diebe, Kriminelle, Diktatoren und Massenmördern zugute kommt. “Wir können sie daran hindern.” Wie also kann man die Demokratie retten?

Dafür hat Applebaum genaue Vorschläge: So wie die demokratische Welt damals ihre Allianz gegen den Kommunismus geschmiedet habe, so sollten die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten eine internationale Allianz gegen Korruption bilden, die auf den Prinzipien von Transparenz, Rechenschaft und Fairness beruhen. Außerdem brauche man eine militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit, um gesetzlose Gewalt zu stoppen sowie “Wirtschaftskrieger”, die die Auswirkungen von Sanktionen in Echtzeit überprüfen können.

Die Autorin ist sich darüber im Klaren, dass das keine Aufgabe für eine Partei oder ein Land sei, sondern man brauche dafür eine internationale Koalition, die die geeigneten Gesetze schafft und geheime Vorgänge beendet, so zum Beispiel bei der Geldwäsche oder beim Kauf von Immobilien. Investigativer Journalismus sei zwingend notwendig. Sie sagt, der russische Regime-Kritiker Alexej Nawalny sei auch deswegen ermordet worden, weil er die Vorgänge im Land nicht nur belegen sondern auch entsprechend vermitteln konnte.

Eine Warnung hat die Autorin zum Schluss: Keine demokratische Regierung solle ihrer Meinung nach jemals annehmen, dass Argumente für Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit selbstverständlich sein.