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Anke Engelke: Ein Ausnahmetalent wird 60

Gegen große Feiern, sagte Anke Engelke kürzlich in einem Interview, habe sie eine große Abneigung. „Mein Geburtstag spielt in meinem Leben eigentlich keine große Rolle – und eigentlich ist das doch auch ganz schön“, sagte sie kürzlich der „Frankfurter Rundschau“. Das ist vielleicht nicht ganz untypisch für jemanden, der kurz vor Weihnachten geboren ist: Anke Engelke wird am 21. Dezember 60 Jahre alt.

Gründe zum Feiern hat es unterdessen im Leben des Multitalents seit jeher viele gegeben. Es dürfte in der deutschen Medienlandschaft keine andere Karriere geben, die derart von lange anhaltendem Erfolg und gleichzeitig so vielen Abzweigungen und Kurswechseln geprägt ist wie ihre.

Geboren 1965 im kanadischen Montreal als Tochter eines Lufthansa-Managers und einer Fremdsprachenkorrespondentin, steht sie mit nicht einmal zehn Jahren zum ersten Mal vor einer Fernsehkamera – als Mitglied des Schulchors „Sonntagskinder“ bei einem Heino-Auftritt in der Show „Musik ist Trumpf“. Nur ein paar Jahre später moderiert sie, erst bei Radio Luxemburg, dann im ZDF-Ferienprogramm. Nach dem Abitur ist die Rundfunkausbildung in Baden-Baden folgerichtig doch verlockender als das Lehramtsstudium in Köln.

Nach langen Jahren beim damaligen Südwestfunk, in denen sie nebenbei auch als Sängerin oder mit dem hauseigenen Comedy-Ensemble auf der Bühne steht, kehrt Engelke Mitte der 90er auf den Bildschirm zurück. Über lange Jahre prägt sie das deutsche Fernsehen wie wenige andere. Als Mitglied der „Wochenshow“ trägt sie entscheidend zum bis heute anhaltenden Comedy-Boom bei, beweist in der eigenen Sendung „Ladykracher“ enorme Vielseitigkeit und im Format „Blind Date“ mit Olli Dittrich einzigartiges Improvisationstalent. Seit 2007 ist sie auch als deutsche Stimme von Marge in den „Simpsons“ im Einsatz. Kinder kennen sie aus der „Sendung mit dem Elefanten“ (WDR).

Nicht jedes Projekt ist von Erfolg gekrönt. Doch selbst im Scheitern – etwa mit „Anke Late Night“, der ersten in Deutschland von einer Frau moderierten spätabendlichen Talkshow – legt sie mehr Mut und Gespür für Zeitgeist an den Tag als viele Kollegen und Kolleginnen.

Inzwischen konzentriert sich die in Köln lebende Mutter dreier Kinder bevorzugt auf die Schauspielerei. Detlev Buck hatte sie einst für die Komödie „LiebesLuder“ für die Leinwand entdeckt, seither reicht ihre Bandbreite von Kinderfilmen („Rico, Oskar und die Tieferschatten“) über Fernsehkrimis („Kommissarin Lukas“) bis hin zu anspruchsvollem Arthouse-Kino („Mein Sohn“) und historischen Stoffen („Deutsches Haus“). Mit Regisseuren wie Sönke Wortmann oder Aron Lehmann hat sie mehrfach zusammengearbeitet. Die Grimme-nominierte Bestatterinnen-Serie „Das letzte Wort“ beschreibt Engelke als „Glücksfall“.

Die Leidenschaft, mit der sie als Schauspielerin und damit als Geschichtenerzählerin tätig ist, wird nicht nur deutlich, wenn sie in Interviews über ihre Arbeit spricht. Sie zeigt sich auch am guten Händchen, mit dem sie ihre Projekte auswählt. Dazu gehören erfolgreiche Podcasts mit Riccardo Simonetti oder Kristian Thees („Wie war der Tag, Liebling“).

In der Serie „Perfekt verpasst“, die sie und ihr enger Freund Bastian Pastewka sich selbst ausgedacht haben, spielte sie die weibliche Hauptrolle. Eine Fortsetzung ist in Arbeit. Als Nebendarstellerin ist sie in der Dramedy „Chabos“ zu sehen, im Kino brillierte sie gerade neben Ulrich Tukur in der Beziehungsgeschichte „Dann passiert das Leben“.

Anke Engelke, die neben Flugreisen auch den Besitz eines Smartphones verweigert, gendergerecht spricht und vegan lebt, ist außerdem Deutschlands bekannteste Bahnfahrerin: Nach einem halbjährigen Praktikum als Zugbegleiterin ließ sie sich kürzlich mit der Mini-Mockumentary „Boah, Bahn!“ vor den PR-Karren der DB spannen.

„An mir selbst kann ich keine radikalen Veränderungen beobachten, die mit dem Alter zu tun haben“, sagte sie im Interview mit Blick auf ihre Entwicklung der zurückliegenden Jahrzehnte. „Ich war immer schon so neugierig und wissensdurstig wie heute. Ich war immer schon extrem selbstkritisch und fand mich noch nie super geil. Ich spiele immer schon gerne andere Leute, bin hilfsbereit und verschwende mich an andere.“