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Altkleidersammlung kommt an ihre Grenzen

Ein Tischfußballspiel, ein Kindersitz und Tischbeine: Was in den vergangenen Tagen alles vor oder in manchen der 540 Nürnberger Altkleidercontainern gelegen hat, gleicht einer Sperrmüllsammlung. „Aber das Unappetitliche zeigen wir gar nicht“, sagt der Abteilungsleiter Gebrauchtwaren und Wertstoffe beim Bayerischen Roten Kreuz in Nürnberg (BRK), Helmut Huber, am Dienstag auf dem Hof des BRK. Motorölflaschen, Essensreste und auch eine tote Katze finden sie manchmal zwischen den Säcken von gebrauchter Kleidung.

Das Rote Kreuz in Nürnberg sammelt nach seinen Angaben pro Jahr 2.550 Tonnen Altkleider in den Containern und 150 Tonnen an den Nürnberger Wertstoffhöfen ein. Etwa 12 Prozent davon sortiert und verwertet das BRK selbst, der Rest geht an gewerbliche Sortieranlagen. Für den Verkauf erhalte man auf dem Markt momentan 50 Euro pro Tonne, berichtete Huber. Anfang vergangenen Jahres seien es noch 250 Euro gewesen.

Die Entwicklung bestätigen auch die Malteser, die in München und Umgebung Altkleidercontainer betreiben. Die Verwerterfirma, mit der sie zusammenarbeiten, zahle derzeit im Durchschnitt 45 Euro pro Tonne Material, so Pressesprecher Wilhelm Horlemann auf Anfrage. Im Jahr 2013 habe der Preis noch bei 425 Euro gelegen. Bis eine geplante Gebühr für die Hersteller von Textilien für die Entsorgung, die sogenannte EPR-Zahlung (Extended Producer Responsibility) eingeführt werde, fordern die Malteser Überbrückungsfinanzierungen für die Altkleidersammler.

Denn das etablierte System der Altkleidersammlung kommt an seine Grenzen: In allen deutschen Städten gebe es Probleme mit der Entsorgung, erklärte am Dienstag die Nürnberger Umweltreferentin Britta Walthelm im Gebrauchtwarenhof des BRK. Wegen der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und Afrika würden Absatzmärkte in Osteuropa und Afrika wegfallen.

„Unser Grundproblem ist einfach, dass mehr Kleidung gekauft und nur sehr kurz getragen wird“, sagte Walthelm und appellierte an die Verbraucherinnen und Verbraucher, sich gründlich zu überlegen, ob sie ein neues Teil wirklich brauchten, um so die Altkleidermenge zu reduzieren. 2023 seien 175.000 Tonnen Bekleidungsmüll in Deutschland eingesammelt worden, 55 Prozent mehr als im Jahr 2013, habe das Statistische Bundesamt ermittelt.

Um dem Problem zu begegnen, werden in der Stadt nun sukzessive 20 Prozent der Altkleidersammelbehälter abgebaut und probehalber durch ein „Thekensystem“ ersetzt. An den Wertstoffhöfen werde mehr Personal eingesetzt, das direkt vor den Augen der Spender die Kleidung sortiert. Im Gebrauchtwarenhof in Nürnberg würden die Öffnungszeiten erweitert und in Stadtteilen im Süden und Südwesten an bestimmten Terminen mobile Sortierstationen angeboten. „Es wird keiner seine gammligen Klamotten jemandem direkt in die Hand drücken und sagen: ‘Das spende ich dir’“, ist der Effekt, den sich Huber von der Maßnahme erhofft.

Wenn mehr kaputte und unsaubere Kleidung in den Containern landet, kann das auch mit einer Verunsicherung der Verbraucher zusammenhängen, die durch eine EU-Richtlinie Anfang des Jahres entstanden ist. Sie will, dass alle verwertbaren Textilien nicht mehr im Restmüll entsorgt werden. Aber, erklärt Umweltreferentin Walthelm, in Deutschland fasse man die Regel zu weit. Der Meinung ist auch Malteser-Sprecher Horlemann: „Für eine zerrissene Jeans, ein mit Wandfarbe verdrecktes Hemd oder gar einen ölverschmierten Lappen gibt es keinen Markt und folglich auch kein Geld; solche weder trag- noch recycelbaren Restmüll-Textilien müssen teuer entsorgt werden.“ Dabei wolle die Hilfsorganisation mit dem Erlös aus gebrauchter Kleidung eigentlich Geld für ihre sozialen Dienste erzielen. (2058/24.06.2025)