Auf dem SPD-Parteitag hatte er noch einmal einen großen Auftritt: Alt-Kanzler Scholz verwies auf Reformen wie das Selbstbestimmungsrecht und die Reform des Staatsangehörigkeitsrecht.
Alt-Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat dazu aufgerufen, die in seiner Amtszeit realisierten gesellschaftspolitischen Reformen zu bewahren. “Wir müssen das Erreichte sichern wie etwa das Selbstbestimmungsrecht”, sagte Scholz auf dem SPD-Parteitag am Samstag in Berlin. Dazu gehöre für ihn aber auch das Staatsangehörigkeitsrecht. Dabei gehe es ihm nicht um jede einzelne Formulierung, sondern um das große Versprechen: “Wenn Du hier lebst, wenn Du die deutsche Sprache bist, wenn Du hier arbeitest, dann wollen wir das Du deutscher Staatsbürger wirst.” Das dürfe nicht rückabgewickelt werden, so Scholz.
Das Selbstbestimmungsgesetz trat im vergangenen November in Kraft. Damit ist für die Änderung des Geschlechtseintrags und des Namens nur noch eine einfache Erklärung bei einem Standesamt nötig – statt wie bisher zwei psychiatrische Gutachten sowie ein Gerichtsbeschluss. Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, das Gesetz noch einmal zu prüfen.
Auch das Staatsangehörigkeitsgesetz war im vergangenen Jahr reformiert worden. Allerdings soll die damit auch verbundene schnellere Einbürgerung nach dem Willen der Bundesregierung wieder zurückgenommen werden. Der Bundestag hatte einen entsprechenden Gesetzentwurf am Freitag in Erster Lesung beraten.
Scholz betonte zudem, dass die Zahlen der irregulären Migration wieder zurückgingen, sei auch auf Entscheidungen der vergangenen Bundesregierung zurückzuführen. Klar sei aber auch, dass das größte Land Europas nicht europäische Verträge brechen werde, um die Zahl weiter zu senken. Auf die derzeit stattfindenden Zurückweisungen von Flüchtlingen an den deutschen Grenzen ging Scholz nicht ein. Nach Auffassung vieler Flüchtlingsorganisationen widerspricht diese Praxis europäischem Recht.
Bereits am Freitagabend waren Lars Klingbeil und Bärbel Bas zur neuen Doppelspitze der Partei gewählt worden. 95 Prozent der Delegierten stimmten am Freitagabend für Bas, 64,9 für Klingbeil.
Bas hatte zuvor mit Blick auf das Bürgergeld für Änderungen mit Augenmaß geworben. “Einen sozialen Kahlschlag wird es mit mir nicht geben”, erklärte sie auf dem Parteitag. Die Grundsicherung für einkommensschwache Menschen solle behutsam weiterentwickelt werden.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, das Bürgergeld durch eine Grundsicherung zu ersetzen. Menschen, die länger arbeitslos sind und staatliche Leistungen erhalten, sollen sich demnach stärker an der Jobsuche beteiligen – andernfalls drohen Strafen. Eine Karenzzeit, in der angespartes Vermögen geschont wird, soll es demnach nicht mehr geben.
Klingbeil verwies in seiner Rede auf den Vorschlag von Bas, dass Beamte künftig auch in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen. Der Vizekanzler betonte: “Ich sage dir sehr klar: Du hast dabei meine volle Unterstützung.” Bas hatte im Mai den Vorstoß gemacht, dass auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung mit einbezogen werden sollten.
Zugleich kritisierte es Klingbeil, dass viele Migranten dafür verantwortlich gemacht würden, dass Schulklassen voll seien oder Wohnungen fehlten. “Das ist kein Migrationsproblem. Das ist ein Investitionsproblem”, so Klingbeil. “Wir sind auf Zuwanderung angewiesen. Wir sind seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland.” Jede vierte Person in Deutschland habe eine Migrationsgeschichte. Ohne Menschen, die “zu uns kommen, um hier zu arbeiten, würde hier nichts mehr laufen”, sagte der Vizekanzler. “Ob in Krankenhäusern, in der Pflege, bei Bus und Bahn, in Schulen und Kitas.” Viele von ihnen seien längst deutsche Staatsbürger geworden.