Am 24. Oktober beendete der Westfälische Friede den Dreißigjährigen Krieg. In den fünf Jahre dauernden Verhandlungen entwickelte sich eine neue Form diplomatischer Konfliktlösung, die Europas Geschichte lange prägte.
Vor 25 Jahren, zum 350. Jahrestag, war es das bislang protokollarisch höchstrangige Ereignis in der Bundesrepublik Deutschland: das Treffen der Staats- und Regierungschefs – inklusive gekrönter Häupter – der am Dreißigjährigen Krieg beteiligten Länder in Osnabrück. Angesichts der Kriege in Nahost, der Ukraine und der sonstigen Weltlage fallen die Veranstaltungen dieses Jahr nüchterner aus: Fachkonferenzen, Ausstellungen, Publikationen und Gottesdienste.
Besonders rege sind Stadt und Kirchen in Osnabrück. Dort war am 25. Oktober 1648 auf dem Marktplatz der tags zuvor in Münster unterzeichnete Friede verkündet worden. Von dort trug ein Flugblatt des “Freud- und Friedenbringenden Postreyter” die für viele unglaubliche Nachricht in das von Tod, Hunger, Gewalt und Seuchen traumatisierte Land. Laut Schätzungen war im Zentrum Europas ein Drittel der Bevölkerung ums Leben gekommen.
Der Vertrag bestand aus zwei Teilen: dem Münsterschen Friedensvertrag zwischen dem römisch-deutschen Kaiser Ferdinand III. und Frankreichs König Ludwig XIV. sowie dem Osnabrücker Pendant zwischen Kaiser, Reich und Königin Christina von Schweden. Die bereits zuvor von Spanien in Münster anerkannte Unabhängigkeit der Niederlande war eher ein Nebenerfolg der komplexen Verhandlungen.
Der Friede beendete mehrere Kriege, die weder offiziell erklärt worden waren noch klare Ziele hatten. Es ging um Macht, Rechte, Einfluss von Herrscherhäusern, Konfession und Ehre. Dauer und Komplexität der Konflikte erschwerten es, sich auf Verhandlungsmodi und Friedensmodelle zu einigen. Schließlich setzte sich die neue Idee eines allgemeinen Friedenskongresses durch.
Nachdem das katholische Münster und das protestantische Osnabrück als Verhandlungsorte vereinbart und 1643 zu neutralen Zonen erklärt worden waren, trafen erste Delegierte ein. Offiziell begannen die Verhandlungen im Juni 1645, nachdem Frankreich und Schweden ihre Vorschläge vorgelegt hatten. Beide wollten nur gemeinsam verhandeln und dabei ihre jeweiligen Verbündeten im Reich einbeziehen.
Zeitweise hielten sich, so die Historikerin Siegrid Westphal, 109 diplomatische Gesandtschaften in den beiden Städten auf. Diese vertraten 16 europäische Staaten, 140 Reichsstände und 38 weitere Mächte. Größere Delegationen bestanden aus Adligen für die repräsentativen Aspekte des Kongresses sowie Gelehrten für die Verhandlungen.
Heute gilt der Kongress unter Historikern als erster europäischer Friedenskongress, auch wenn wichtige Staaten wie das Zarenreich oder England fehlten. Eine europäische Friedensordnung schuf er jedoch nicht.
Anders als die großen Reichsstädte besaßen Münster (gut 10.000 Einwohner) und Osnabrück (gut 6.000 Einwohner) kaum die Infrastruktur für einen solchen Mammutkongress. In Osnabrück gab es keinen Drucker mehr, so dass Texte in Münster vervielfältigt werden mussten. Delegierte beschwerten sich über Dreck, Gestank, schlechtes Essen und Wetter.
In Osnabrück verhandelten die Delegierten direkt, zuletzt um Reichsverfassung und Religion. Eher um europäische Konflikte ging es in Münster. Dort vermittelten päpstliche und venezianische Gesandte; diese sollen über 800 Einzelkonferenzen abgehalten haben. Schriftliches wurde auf Latein fixiert. Mündliche Konferenzsprache in Osnabrück war Deutsch, in Münster Latein, Italienisch und Französisch.
Als bedeutendster, weil auch effektivster Verhandlungsführer galt der kaiserliche Vertraute Maximilian von Trauttmansdorff. Ihm gelang es, die meisten Kompromisse anzubahnen – auch indem er Maximalforderungen des Kaisers zurückstutzte. Als er im Sommer 1647 abreiste, weil die Verhandlungen mehrfach blockiert waren, drohte der Kongress zu scheitern.
In dem Moment bildete sich in Osnabrück eine Koalition aus katholischen wie protestantischen Reichsständen, die endlich Frieden wollten. Ihrem selbstbewussten Agieren war es zu verdanken, dass am 6. August 1648 kaiserliche, schwedische und reichsständische Delegierte mit dem Osnabrücker Handschlag wesentliche Vereinbarungen besiegelten. Unterschrieben wurden diese zusammen mit den Münsterschen Verhandlungsergebnissen am 24. Oktober in Münster.
Der Westfälische Friede bildete die Grundlage der Verfassung des Heiligen Römischen Reiches bis zu dessen Ende 1803. Der Kongress selber, der wesentlich die Rolle und Bedeutung diplomatischer Gesandter stärkte, wurde Vorbild für spätere Friedensverhandlungen in Europa.