Zum zweiten Mal in Folge steht Angola im Krisen-Ranking auf dem ersten Platz jener Länder, die in der medialen Berichterstattung unter dem Radar fliegen. Dabei sorgt Aufmerksamkeit für mehr humanitäre Hilfe.
Angola, Sambia und Burundi führen die Rangliste der vergessenen humanitären Krisen 2023 an. Das Hilfswerk Care stellte am Donnerstag seinen jährlichen Bericht über zehn humanitäre Krisen vor, die unter dem Radar der Öffentlichkeit stattfinden. Zum zweiten Mal in Folge spielen sich alle aufgelisteten Krisen auf dem afrikanischen Kontinent ab.
“Sie haben eines gemeinsam: Sie sind chronisch und schon lange anhaltend”, sagte Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin der Hilfsorganisation in Österreich. Das Augenmerk von Menschen liege aber immer auf dem Neuen – das sei ein Grund für die wenige Berichterstattung. So wurde im vergangenen Jahr bis Ende September besonders häufig über Syrien und die Türkei berichtet – beide Länder waren zuvor von einem starken Erdbeben heimgesucht worden, durch das Zehntausende Menschen starben.
Stark im medialen Fokus standen zuletzt auch die Ukraine und Palästina. Der Organisation geht es nach eigenen Angaben nicht darum, verschiedene Krisen gegeneinander auszuspielen. “Wir wollen Hilfe für alle”, sagte Barschdorf-Hager. Gleichzeitig gebe es einen klaren Zusammenhang zwischen medialer Aufmerksamkeit und finanziellen Ressourcen.
In Angola sorgten Dürren, Überschwemmungen sowie Hunger dafür, dass im vergangenen Jahr mehr als sieben Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigten. Nur 28 Prozent der Bevölkerung haben laut Care Zugang zu sauberem Wasser. Das westafrikanische Land landete bereits 2022 auf Platz eins der vergessenen Krisen.
In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres wurden lediglich 1.049 Online-Artikel über Angola gezählt, das zu den größten Länder des Kontinents gehört. Zum Vergleich: Über Simbabwe, auf Platz 10 des Rankings, wurde mehr als 14.000 mal berichtet. Über den “Barbie”-Kinofilm im gleichen Zeitraum gab es mehr als 270.000 Online-Artikel – und über das neue Buch von Prinz Harry seien mehr als 215.000 Artikel erschienen.
“Die Menschen sind krisen-müde”, erklärte Deepmala Mahla, Direktorin bei Care. Nach Angaben des Generalsekretäs von Care Deutschland, Karl-Otto Zentel, war die weltweite humanitäre Not noch nie so groß wie 2023. Und die Krisen halten an: Für 2024 erwartet die Hilfsorganisation, dass weltweit 300 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen werden; die Hälfte von ihnen in den zehn aufgelisteten Ländern.
Nach Angola folgt auf dem zweiten Platz Sambia, wo 1,35 Millionen Menschen von Hunger betroffen sind. Das Land leidet besonders unter den Folgen des Klimawandels. Ähnliches gilt auch für Platz drei der vergessenen Krisen: In Burundi kämpft die Bevölkerung regelmäßig gegen Überschwemmungen. Fast 70.000 Menschen wurden dadurch vertrieben.
Trauriger Rekordhalter im Ranking ist die Zentralafrikanische Republik. Über die rund drei Millionen Menschen, die hier humanitäre Hilfe benötigen, wird seit sieben Jahren wenig berichtet. Seit zehn Jahren bestimmt dort ein bewaffneter Konflikt das Leben der Menschen. Viele sind laut Care auf der Flucht, sie Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren sei die sechsthöchste weltweit.