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Ai Weiwei will nicht mehr in China leben

Der chinesische Konzeptkünstler und Regimekritiker Ai Weiwei glaubt nicht, dass sich politisch in China in den nächsten Jahren viel verändern wird. Trotz verschlechterter wirtschaftlicher Situation und gestiegener Arbeitslosenzahl werde China überleben, sagte Ai Weiei dem „Tagesspiegel“ (Mittwoch): „Überleben ist Teil der chinesischen Kultur geworden.“

Er glaube auch nicht, dass China den Ukraine-Krieg zum Anlass nehmen werde, Taiwan anzugreifen. So dumm sei China nicht, sagte Ai Weiwei. Die KP-Führung verfolge zwar seit jeher das Ziel eines Groß-Chinas. Dies sei aber ein total veraltetes Ideal, denn China sei ja längst geteilt.

Einzig, wenn sich Taiwan für unabhängig erkläre, bestehe die Gefahr eines Angriffs, sagte er: „Sollte Taiwan das tun, wird China auf jeden Fall angreifen. Es ist ein heikles und fragiles Spiel.“ Taiwan fahre deshalb am besten, wenn es einfach weitermache wie bisher: „Es gibt eigentlich gar kein Problem für Taiwan. Wer weiß, vielleicht geht die Kommunistische Partei Chinas irgendwann unter, dann ist es doch egal, ob Taiwan offiziell unabhängig ist oder nicht.“

Ai Weiwei selbst zieht es nicht in das Land zurück, in dem er wegen regierungskritischer Äußerungen 2011 inhaftiert war und das er 2015 nach Aufhebung eines Reiseverbots verlassen hatte. Er wolle zwar seine Mutter besuchen, müsse jedoch nicht mehr dort leben, betonte er: „Ich bin 66 Jahre alt, davon habe ich über 40 Jahre in China gelebt.“ Er vermisse China auch nicht: „Sollte ich nach diesem Interview sterben, dann sterbe ich mit einem Lächeln.“ Nach seiner Ausreise lebte Ai Weiwei bis 2019 in Berlin, danach in England und seit 2021 in Portugal.