Ein unverkennbarer Geruch zieht seit dem 1. April vergangenen Jahres durch Innenstädte und Parks – die Ampelregierung hat das Kiffen entkriminalisiert. Mit dem Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis ist Besitz, privater Anbau und Konsum für über 18-Jährige erlaubt. Der Evangelische Pressedienst (epd) hat Folgen und Beobachtungen beim Regierungspräsidium Freiburg, den Diakonien Baden und Württemberg sowie beim baden-württembergischen Innenministerium erfragt.
Statistisch gesehen ist es nicht ganz so schlimm geworden, wie das Regierungspräsidium Freiburg erwartet hatte. Es hat landesweit die Erlaubnisverfahren für Cannabis-Anbauvereinigungen übernommen. Im Vorfeld hatte das Präsidium mit Gründungen im dreistelligen Bereich gerechnet. Inzwischen seien 73 Anträge in der Prüfung und 13 Vereine dürften Cannabis anbauen, wie das Präsidium mitteilte.
Beim Thema Suchtproblematik beobachten die Diakonien Baden und Württemberg, dass offener über das Thema geredet wird. „Von unseren Suchtberatungsstellen höre ich, dass Cannabis-Konsum jetzt ‘besprechbarer’ geworden ist“, sagt Annalena Volz, Referentin für Suchthilfe der Diakonie Baden. Die Konsumenten versteckten sich nicht mehr.
Insgesamt kämen aber nicht mehr Menschen mit einer Cannabis-Suchtproblematik. „Es ist eher so, dass Leute, die ohnehin ein Suchtproblem haben, sagen, dass sie auch Cannabis konsumieren“, sagt Volz, die auch stellvertretende Vorsitzende der Landesstelle für Suchtfragen ist. Dasselbe berichtet auch die Diakonie Württemberg. „Klienten berichten jetzt, ‘Ach ja, ich rauche auch Cannabis’“, sagt Rebecca Aichelin-Häckler, württembergische Referentin für Suchthilfen. Das führe zu einer besseren Qualität der Beratung und Behandlung. Volz ergänzt, dass nun auch Angehörige von Risikokonsumenten öfter bei den Beratungsstellen anrufen und sich informieren.
Beide Diakonien haben insgesamt nicht von einer Zunahme von durch Cannabis verursachte Psychosen oder Klinikzuweisungen gehört. Volz betont diesbezüglich: „Man darf dennoch nicht beschönigen, dass regelmäßiger Cannabis-Konsum psychische und physische Folgen hat.“
Als größten Kritikpunkt bei dem „insgesamt recht vagen Gesetz“ sehen beide Diakonien das Thema Prävention und Geld. Die finanziellen Mittel für die Cannabisprävention müssten dringend ausgebaut werden. Das hätte eigentlich schon vor der Legalisierung passieren müssen, so Volz. Seit der Einführung des Gesetzes fragten etwa landesweit mehr Schulen nach Präventionsangeboten bei den diakonischen Beratungsstellen. „Aber es fehlen die dringend notwendigen finanziellen Mittel“, sagt Volz.
Auch nehmen seit der Einführung des Gesetzes weniger junge Menschen und Jugendliche an Frühinterventionsprogrammen teil. Zuvor hatten Kooperationspartner, zum Beispiel Polizei oder Staatsanwaltschaft, Jugendliche mit auffälligem Konsum in die Beratungsstellen vermittelt. „Diese Vermittlungszahlen sind stark zurückgegangen“, so Aichelin-Häckler. Aktuell stünden die Beratungsstellen vor der Aufgabe, neue Zugangswege zu dieser Gruppe zu finden.
Für Aussagen zur Rauschgiftkriminalität ist der Beobachtungszeitraum laut baden-württembergischem Innenministerium zu kurz. „Bislang ist eine Eindämmung des Schwarzmarktes – auch in Ermangelung von legalen Bezugsquellen wie Anbauvereinigungen – nicht erkennbar“, heißt es auf Anfrage des epd. (0706/29.03.2025)