Artikel teilen:

Abstimmung über EU-Lieferkettengesetz abgesagt

Die finale Abstimmung zum Europäischen Lieferkettengesetz im Rat der EU-Mitgliedsstaaten ist kurzfristig verschoben worden. Das teilte die belgische Ratspräsidentschaft am Freitag in Brüssel mit. „Die FDP hat nicht nur Deutschland zu einer Enthaltung gezwungen, sondern auch auf andere Länder Druck ausgeübt, dem EU-Lieferkettengesetz ebenfalls nicht zuzustimmen“, kritisierte die EU-Abgeordnete Anna Cavazzini (Grüne).

Im Streit über das EU-Lieferkettengesetz sorgte zuletzt ein Brief von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) an seine EU-Amtskollegen für weiteres Aufsehen. Darin erläuterte Buschmann seine Ablehnung des EU-Gesetzes und appellierte auch an seine Kollegen, dem bereits vereinbarten Gesetz die Zustimmung zu entziehen.

Zuvor hatten Buschmann und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vergangene Woche mitgeteilt, dass sie das eigentlich fertig verhandelte Lieferkettengesetz nicht mittragen wollen. Das Gesetz soll dafür sorgen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten im Ausland sicherstellen.

Die Bundesregierung kündigte daraufhin an, sich bei der finalen Abstimmung im Rat der EU-Mitgliedsstaaten zu enthalten. Ob trotz der Enthaltung Deutschlands eine Mehrheit für die Richtlinie zustande kommen könnte, galt bis zuletzt als offen.

Die Abstimmung war für Freitag um 13 Uhr geplant. Um 12.39 Uhr teilte die belgische Ratspräsidentschaft auf der Internetplattform X, ehemals Twitter, mit, die Abstimmung über das EU-Lieferkettengesetz sei von der Tagesordnung gestrichen und werde verschoben. Der neue Termin ist noch unbekannt.

Die handelspolitische Sprecherin der FDP im Europäischen Parlament, Svenja Hahn, sprach von einer neuen „Chance für ein praxistauglicheres Lieferkettengesetz“. Die Verschiebung zeige, dass das Lieferkettengesetz in der aktuellen Form nicht mehrheitsfähig sei. Jetzt müsse nachgebessert werden, für ein Lieferkettengesetz, „das effektiv Menschenrechte und Umwelt schützt und nicht nur neue Bürokratie schafft“.

Tiemo Wölken, rechtspolitischer Sprecher der SPD im EU-Parlament, kritisierte, die FDP habe mit ihrer Blockade vor allem eins erreicht: Die Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik als Verhandlungspartner in der EU zu erschüttern.

EU-Mitgliedsstaaten, EU-Parlament und Kommission hatten sich bereits im Dezember auf das Gesetz geeinigt. Das abschließende Votum in Rat und Parlament ist danach eigentlich nur noch Formsache.

Wölken beklagte auch, ein Scheitern des EU-Gesetzes sei „ein Bärendienst für deutsche Unternehmen“. In Deutschland gilt seit 2023 ein Lieferkettengesetz. Ohne ein europäisches Gegenstück müssen sich deutsche Unternehmen an strengere Auflagen halten als die europäische Konkurrenz. Die EU-Richtlinie würde teilweise über das deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen.

Die Initiative Lieferkettengesetz erklärte, das Vorhaben sei noch nicht vom Tisch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse jetzt Farbe bekennen, sagte Johannes Heeg, Sprecher des Bündnisses von mehr als 120 Organisationen. „Der Kanzler muss seine Richtlinienkompetenz nutzen und Deutschlands Gesicht in der EU wahren“, sagte er. „Wir erwarten, dass er alles unternimmt, damit das EU-Lieferkettengesetz erfolgreich verabschiedet wird.“