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Ab dem Sommer nur noch zwei Jesuitenschulen in Deutschland

Der Jesuitenorden wird sich zum Ende des laufenden Schuljahres aus der Trägerschaft des Bonner Aloisiuskollegs zurückziehen. Das sagte Rektor Pater Martin Löwenstein dem Bonner “General-Anzeiger” (Mittwoch). Offiziell wird der Abschied laut Homepage des Aloisiuskollegs beim Schulfest Ende Juni durch Pater Bernhard Bürgler vollzogen. Bürgler ist Provinzial, also Leiter der Jesuiten in Zentraleuropa. Damit wird es künftig nur noch zwei Jesuitenschulen in Deutschland geben: das Kolleg Sankt Blasien im Schwarzwald und das Canisius-Kolleg in Berlin.

Der Schulbetrieb soll trotz des Ausstiegs der Jesuiten fortgeführt werden; künftig soll eine Stiftung die Trägerschaft übernehmen. Aktuell besuchen rund 800 Schülerinnen und Schüler das Gymnasium im Bonner Stadtteil Bad Godesberg. Die Schule wird weiterhin Mitglied im Netzwerk des Kompetenz-Zentrums für Ignatianische Pädagogik (ZIP) mit Sitz in Ludwigshafen bleiben. Dieses beruft sich auf die Bildungstradition des Gründers des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola (1491-1556).

Die Geschichte des Aloisiuskollegs reicht über 100 Jahre zurück. Bekannte ehemalige Schüler sind neben anderen der Jazztrompeter Till Brönner, die TV-Moderatoren Stefan Raab und Johannes B. Kerner, die Politiker Thomas de Maiziere und Alexander Graf Lambsdorff sowie der Theologe Hanspeter Heinz. 2010 hatte der damalige Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, Fälle von Missbrauch an der Berliner Jesuitenschule bekanntgemacht und damit eine Welle von Berichten über ähnliche Vorkommnisse in kirchlichen und anderen Einrichtungen ausgelöst.

Am Aloisiuskolleg und der angeschlossenen Freizeiteinrichtung “AKO-Pro-Seminar” wurden zwei unabhängigen Untersuchungen zufolge über Grenzverletzungen oder Missbrauch seit den 1950er Jahren an mindestens 35 Betroffenen berichtet, die 23 Beschuldigte betreffen. Darunter sind zehn, denen Sexualstraftaten vorgeworfen werden, davon neun Jesuiten.