Strahlende Gesichter trotz Regens: Rund 200 Teilnehmer fanden sich am Sonntag zum kurzerhand in die Heiliggeist-Kirche verlegten Flashmob bei der 11. Heidelberger Summer School der Hochschule für Kirchenmusik (HfK) ein. Schwerpunkt der Veranstaltungsreihe vom 15. Juni bis 5. Juli sei das Jubiläum „500 Jahre Evangelisches Gesangbuch“, sagte die Professorin für Musikvermittlung an der HfK, Tamara Schmidt, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
In Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche Heidelberg hatten Schmidt und Studierende der Hochschule den Flashmob organisiert. Chöre, Posaunenchöre sowie Familien und Einzelpersonen fanden sich in der größten Kirche Heidelbergs ein, um sechs Lieder aus dem Evangelischen Gesangbuch anzustimmen. Dirigiert von Bezirkskantor Michael Braatz-Tempel erklangen unter anderem „Ich singe dir mit Herz und Mund“, „Geh‘ aus mein Herz und suche Freud“ und „Großer Gott, wir loben dich.“
Als Solisten traten die HfK-Dozenten Matthias Horn und Sebastian Hübner auf. Unter die Sängerinnen und Sänger mischten sich immer wieder Touristen, angezogen vom Gesang in der Kirche.
„Ich singe nicht im Chor“, berichtete Birgit Schulze. Die Touristin aus dem Ortsteil Neuenheim singe „einfach, weil es schön ist.“ Sie schätze an der Kirchenmusik die Harmonien, sie liebe Bach: „Das ist eine fast mathematische Musik, man kann die Linien nachvollziehen.“ Kirchenlieder könne jeder mitsingen, sie seien aufbauend und beruhigten die Seele.
„Diese Pop-Ups in der Kirche sind eine übelst geile Idee“, bekannte Georg Streck. Er studiert in Heidelberg und spielt selbst Orgel in Gottesdiensten. Der Pfarrerssohn findet, dass Orgelmusik in der Kirche oft „unterbewertet“ werde.
Gemeinsamen Gesang beim Gottesdienst gibt es erst seit der Reformation. „Zuvor war das Singen in der Kirche Profisache“, sagte der Hymnologe und HfK-Rektor Martin Mautner. Er verwies auf die Idee Martin Luthers (1483-1546), den christlichen Glauben zu „Herzen zu singen“. Um die Jahreswende 1523/1524 erschien in Nürnberg der sogenannte „Achtliederdruck“.
Das Heft gilt als das erste gedruckte, evangelische Gesangbuch, dessen 500-jähriges Jubiläum 2024 die Evangelische Kirche Deutschland (EKD) mit einer Sondermarke feiert. Der „Achtliederdruck“ enthielt vier Lieder Martin Luthers sowie drei Lieder des Liederdichters Paul Speratus (1484-1551). Seither erscheinen regelmäßig aktualisierte Versionen Evangelischer Gesangbücher.
Zurzeit erarbeitet eine deutsch-österreichische Kommission aus Kirchenmusikern und liturgischen Experten ein neues Gesangbuch. Es soll 2028/29 erscheinen. (1463/30.06.2024)