„Das Gesetz ist Ausdruck einer Politik der gezielten Schäbigkeit gegenüber besonders wehrlosen Menschen. Es grenzt diese Menschen aus“, sagte der stellvertretende Direktor des Jesuiten Flüchtlingsdienst (JRS), Stephan Keßler, im Interview mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Kessler verwies auf die Aufnahme der vielen Ukraine-Flüchtlinge, die – anders als Asylbewerber – reguläre Sozialleistungen erhalten. Er warb dafür, die unterschiedliche Behandlung Schutzsuchender zu beenden. „Das Beispiel der Flüchtlinge aus der Ukraine zeigt, dass es auch anders geht, ohne dass der Staat dadurch überlastet würde.“
Keßler zufolge fügt das seit jeher umstrittene Asylbewerberleistungsgesetz dem gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland schweren Schaden zu. „Die Abschaffung ist mehr als überfällig.“ „Das würde nicht nur Kosten sparen, sondern auch dem christlichen Menschenbild entsprechen.“
Im krassen Widerspruch zur Rechtsprechung
Anfang 2023, 30 Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, fand sich ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen zusammen, das unter dem Motto „Es gibt nur eine Menschenwürde – Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!“, das Aus des Gesetzes fordert. Unter den 200 Unterzeichnern finden sich unter anderem Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Organisationen von Migrantinnen, Juristen, Mediziner, Frauenverbände und Kinderrechtsorganisationen.
Durch das Gesetz wird laut Keßler einer Bevölkerungsgruppe eine geringere Hilfsbedürftigkeit zugeschrieben: „Das Asylbewerberleistungsgesetz steht somit in krassem Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.“ Zwar müsse die Bundesregierung das Gesetz nun reformieren, doch erwartet Keßler davon keine Verbesserungen: „Das Gericht hat ausdrücklich betont, dass sich Hilfeleistungen an dem tatsächlichen Bedarf der Menschen orientieren müssen, nicht an ihrem ausländerrechtlichen Status. Das Asylbewerberleistungsgesetz regelt genau das Gegenteil.“
Gesetz verursacht unnötig hohe Kosten
„Das Asylbewerberleistungsgesetz verursacht höhere Kosten als die Umstellung auf das Bürgergeld“, betonte der Fachmann. Denn mit dessen Abschaffung würde der Verwaltungsaufwand wesentlich geringer. „Es wäre einfacher, die Menschen in Lohn und Brot zu bringen, weil die Hilfsmittel der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stünden.“ Eine vernünftige medizinische Versorgung würde verhindern, dass Krankheiten verschleppt werden und enorme Behandlungskosten verursachen: „Also: Die Kosten würden sinken.“