Artikel teilen

1.500 Menschen protestieren gegen Freisprüche für Polizisten

Zwei Tage nach den Freisprüchen im Prozess um die tödlichen Polizeischüsse auf den 16-jährigen Flüchtling Mouhamed Dramé haben nach Polizeiangaben in Dortmund etwa 1.500 Menschen gegen das Urteil protestiert. Die Veranstalter sprachen von 2.000 Menschen, die am Samstag hinter einem Porträt des erschossenen Jugendlichen hergingen und „Gerechtigkeit und Solidarität“ forderten. Teilnehmende äußerten Enttäuschung und Wut darüber, dass nach dem knapp einjährigen Prozess alle fünf angeklagten Polizistinnen und Polizisten freigesprochen wurden.

Mehrere Redner sagten, der Tod von Mouhamed Dramé sei kein Einzelfall. Sie forderten „strukturelle Veränderungen, um weitere Tötungen durch die Polizei zu verhindern“. Der Solidaritätskreis „Justice4Mouhamed“ als Veranstalter der Demonstration, an der auch zwei Brüder des Getöteten teilnahmen, kritisierte „ein Fehlen von Verantwortungsübernahme und Reflexion“. Auch eine „ehrliche, aufrichtige Entschuldigung“ bei der Familie Dramés stehe noch aus.

Die „strukturelle Dimension von tödlicher Polizeigewalt“ müsse Thema sein, erklärte der Solidaritätskreis. Unter anderem müsse eine unabhängige Beschwerde- und Kontrollinstanz gegenüber der Polizei etabliert werden. Der stellvertretende Landessprecher der Linken in Nordrhein-Westfalen, Jan Köstering, nannte die Freisprüche „ein gefährliches Signal an die Gesellschaft“, dass Polizeigewalt nicht geahndet werde.

Der aus dem Senegal stammende Dramé war im August 2022 bei einem Polizeieinsatz in einer Jugendhilfeeinrichtung in Dortmund erschossen worden. Er hatte sich offenbar mit einem Messer das Leben nehmen wollen und hielt sich selbst in einer Ecke kauernd ein Messer an den Bauch. Die Polizei besprühte den suizidgefährdeten Jugendlichen mit Pfefferspray und setzte anschließend Taser ein, als Dramé aus der Situation flüchten wollte. Ein 31-jähriger Beamter erschoss ihn mit einer Maschinenpistole.

Das Landgericht Dortmund sprach am Donnerstag alle fünf Beamten frei, auch den Schützen und den Einsatzleiter. Dieser hatte den Einsatz von Pfefferspray angeordnet, durch den die Situation eskalierte. Das Gericht erklärte, die Polizisten hätten in Notwehr gehandelt. Nach der Urteilsverkündung gab es Proteste im Gerichtssaal und am selben Abend eine erste Demonstration mit rund 300 Teilnehmenden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Anwältin der Nebenklage hatte unmittelbar nach der Urteilsverkündung gesagt, sie wolle Rechtsmittel beim Bundesgerichtshof einlegen.