Am 8. November ist der Tag der Putzkraft. Und was ist beim Reinigen unverzichtbar? Klar: ein guter Besen. Dass man den aber längst nicht nur zum Säubern nutzen kann, zeigt ein besonderes Museum in Schwaben.
Man möchte da nicht selber liegen. “Das ist sozusagen eine Guillotine”, sagt Christl Hirner und lässt die scharfe Metallklinge hinabsausen. Es knirscht kurz, und zack, sind die Birkenzweige kürzer. “Mit diesem Gerät stellt man klassische Reisigbesen her: Hinten spannt man die Reiser fest, vorn senst man sie bündig ab.” Das Schnittgut liegt nun auf dem Boden verstreut. Doch kein Problem. Denn wo bitte sollte es schneller weggekehrt werden können als in Christl Hirners “Besenwelten”? Der Besitzerin zufolge ist die Einrichtung im Untergeschoss ihres Wohnhauses schließlich das größte Besenmuseum der Erde.
Und das soll ausgerechnet in der bayerisch-schwäbischen Provinz stehen, im Günzburger Ortsteil Denzingen? “Es gibt ja bloß zwei Besenmuseen auf der Welt”, sagt Hirner. “Meins und eins gar nicht weit weg von hier, bei Ehingen in Baden-Württemberg. Meine Sammlung ist halt größer.” Wie schön, dass es im Schwabenländle, der Heimat der Kehrwoche, gleich zwei solcher Häuser gibt. Aber tatsächlich: Wer das Internet nach weiteren Museen zu Besen, brooms oder balais durchsucht, dem erscheint es, nun ja, wie leer gefegt.
Dass man das englische und das französische Wort für Besen gleich zur Hand hat, ist kleinen Karten zu verdanken, die Hirner ausgelegt hat. Darauf stehen die Namen des Besens in diversen Sprachen. Die Übersetzungen passen gut zur aus aller Welt stammenden Sammlung Hirners: Ihre rund 450 Besen kommen aus 85 Ländern.
Und dort soll’s nirgendwo ein Museum für dieses allgegenwärtige Haushaltsgerät geben? Das sei es ja gerade, meint Hirner. “Ein Besen ist erst mal ein Gebrauchsgegenstand, nichts, was man sonderlich wertschätzen würde.”
Sie selbst könne auch nicht recht sagen, warum sie vor 19 Jahren ein Museum ausgerechnet für Besen eröffnet habe, ergänzt Hirner. Gearbeitet habe sie einst als kaufmännische Angestellte und Sportlehrerin, mit dem Beruf habe das also nichts zu tun. “Aber ich habe schon immer gern gesammelt, auch Schmetterlinge und Blechspielzeug.” An den Besen habe sie stets die Handwerkskunst fasziniert. “Die werden ja aus allem Möglichen hergestellt.” Hirner zeigt einen Handfeger, der mit Perlhuhn- und Raubvogelfedern besetzt ist. “Mit dem fing alles an, den habe ich vor 50 Jahren im Italienurlaub gekauft. Mit jeder Reise kamen weitere Exemplare dazu.”
Und damit auch andere tierische Teile. So gibt es in den “Besenwelten” Feger aus Pferdehaar, Wildschweinborsten und einem Gnuschwanz zu sehen, letzterer am Schaft reich verziert mit bunten Perlen. “Massai-Häuptlingen in Afrika dient das Objekt als eine Art Zepter”, erklärt Hirner. Besen können also doch mehr sein als profane Putzutensilien. “Der Gnuschwanz nützt schon auch zum Reinemachen”, sagt die Fachfrau. “Aber ja: Dort, wo das Handwerk noch lebendig ist, tragen die Besen oft kunstvolle Flechtmuster, Nähte oder Färbungen.” Putzen ist gut, rausputzen besser.
Apropos Säubern: Wer ein Besenmuseum führt, der muss doch Reinigungstipps in petto haben, gerade jetzt, da der Tag der Putzkraft am 8. November ansteht. Hirner erinnert an die Guillotine vom Anfang: “Reisigbesen sollte man regelmäßig in Wasser stellen, damit die Zweige nicht brüchig werden.” Und was ist besser, Besen oder Staubsauger? “Kommt auf den Zweck an: Feger sind gut, um grobe Glassplitter oder mal eben ein paar Krümel auf dem Tisch zusammenzukehren. Sie sind auch schonender für den Boden. Manche Menschen empfinden die immer gleichen Bewegungen und Geräusche des Fegens außerdem als meditativ.”
Die Verbindung von Geist und Kehrgerät ist nicht weit hergeholt, wie das Museum anhand eines “Voodoo-Besens” zeigt. “Der stammt aus Benin”, erläutert Christl Hirner. “Dort fahren Schamanen damit über Menschen, die Heilung brauchen, und streichen das Übel aus.” Pause. “Man muss halt dran glauben”, fügt Hirner an, aber das gelte auch für die katholischen Rochus-Kapellen im Allgäu. “Wer Hilfe vom heiligen Rochus, dem Schutzpatron der Seuchenkranken, will, der bringt ihm traditionell einen Besen, als Symbol der Reinigung.”
Wer das für Humbug hält, der schaue erst in die Kinderecke der “Besenwelten”. Dort liegen “Kartoffelbrei” und “Nimbus 2.000” bereit, die Zauberbesen von Bibi Blocksberg und Harry Potter, und zwar mit wilden Vibrations- und Geräuschfunktionen. Sollten die Kleinen vom Museumsbesuch etwas ermattet sein – hier kriegt man sie am Ende sicher wieder putzmunter.