Wer kurz vor Weihnachten jemandem im Affenkostüm begegnet, kann beruhigt sein: Wahrscheinlich feiert die verkleidete Person den Affentag am 14. Dezember. Der Tag soll auch auf Tierrechte hinweisen.
Wer etwas affig findet, der ist verärgert oder genervt. Und wer sich zum Affen macht, blamiert sich. Fachleute beobachten allerdings, dass der Affe mit vermeintlich peinlichem Verhalten vor allem deshalb irritiert, weil der Mensch ihm genetisch so nahe ist. “Tiere sind Akteure, die wir nicht immer verstehen”, so fasst es der Philosoph Stephan Wunsch zusammen. “Da ist etwas, das wir nicht beherrschen, etwas Unkontrollierbares und Undurchsichtiges.”
Auf diese evolutionäre Nähe soll auch der Affentag am 14. Dezember hinweisen. Der inoffizielle “Monkey Day” wurde im Jahr 2000 Jahren vermutlich aus reinem Jux von amerikanischen Kunststudenten ins Leben gerufen: um die Tiere zu feiern, aber auch “all things simian”, zu deutsch also “alle äffischen Dinge”. Schnell wurde der Tag allerdings so beliebt, dass die Neuverfilmung “King Kong” am 14. Dezember 2005 ihre weltweite Kinopremiere feierte.
Seither nutzen auch Zoos und Tierparks den Anlass für besondere Aktionen, Hilfsorganisationen rufen zu Spenden auf. Denn der Tag hat einen ernsten Hintergrund: Er erinnert an die Gefährdung verschiedener Affenarten. Insgesamt sind 60 Prozent von ihnen weltweit vom Aussterben bedroht, darunter auch Gorillas und Orang-Utans. Alle Großen Menschenaffen – die genetisch engsten Verwandten des Menschen – stehen auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN.
Die Lebensräume der Tiere werden durch Abholzung, Rodungen und Bergbau zerstört, erklärt der WWF Deutschland. Auch fallen sie Viren zum Opfer und werden mitunter ebenso zum Handel wie auch für ihr Fleisch und ihr Fell gejagt. 2005 fand die erste UN-Menschenaffenkonferenz statt; ein Programm von 21 afrikanischen und asiatischen Staaten hat sich gemeinsam mit Fachleuten, Organisationen und Regierungen der Rettung von Menschenaffen verschrieben.
Als in der Silvesternacht von 2019 auf 2020 das Affenhaus im Krefelder Zoo abbrannte, gab es bundesweit Schlagzeilen – und Trauer. Dass das Schicksal von Tieren vielen Menschen nahegeht, ist historisch betrachtet indes alles andere als selbstverständlich. Im christlichen Mittelalter seien Affen regelrecht verteufelt worden, schreibt der Primatenforscher Volker Sommer in seinem kürzlich veröffentlichen Band “Affen”. Dagegen gibt es im Hinduismus sogar einen Gott in Affengestalt, Hanuman, einen “unermüdlichen Streiter gegen dunkle Mächte”. Auch im alten Ägypten wurden Affen als besonders klug und weise verehrt.
Um die Welt ging zudem das “Affen-Selfie” von 2011, das ein Schopfmakake – ebenfalls eine bedrohte Art – mit der Ausrüstung eines britischen Fotografen aufnahm. Peta sah das Urheberrecht des Tieres verletzt, scheiterte damit aber letztlich vor Gericht. Dem Affen sei “zumindest digitale Unsterblichkeit” garantiert, kommentiert Sommer.
Der Forscher schildert auch, wie Affen in freier Wildbahn bei einer Art Totenwache beobachtet wurden – und, wie Rhesusaffen oder Koboldmakis sich in Versuchslabors selbst das Leben nehmen. “Ob derlei Selbstdestruktion gleichzusetzen ist mit Suizid, wird von Philosophen wie Verhaltensforschern ernsthaft diskutiert.” Auch jenseits solcher drastischen Fälle bleibe umstritten, welche Konzepte die Tiere von Tod und Sterben hätten.
In Kunst und Kultur bleiben Affen derweil beliebt – von Pippi Langstrumpfs Begleiter, dem Totenkopfäffchen Herr Nilsson, über die Alternative-Band Gorillaz bis zur Blockbuster-Reihe “Planet der Affen” – der nächste Teil “Kingdom of the Planet of the Apes” ist für 2024 angekündigt. Dass sich sprachlich eher negative Redewendungen durchgesetzt haben, bezeichnet Sommer denn auch als “Affenschande”. Allzu häufig würden sie Tiere als “bloße Karikaturen unserer selbst” wahrgenommen.
Im Affenkostüm umherziehen und sich möglichst affenartig aufführen – dahinter kann auch die Sehnsucht stecken, menschliche Etikette und Schamgefühle für eine Weile hinter sich zu lassen. Zudem lasse sich auch von Tieren mit zwiespältigem Ruf eine gewisse Demut lernen, betont Philosoph Wunsch. Er verweist auf Versuche mit dem Gorillaweibchen Koko, das mittels Zeichensprache die Frage beantwortete, was der Tod sei: “Bequemes Loch auf Wiedersehen.”