„Wise Guys“ nennt sich die A-cappella-Formation um Daniel „Dän“ Dickopf (44). Den meisten Kirchentagsbesuchern sind sie ein Begriff. Den fünf Vokalpop-Künstlern ist Gesellschaftskritik schon immer wichtig gewesen, was in ihren Liedern deutlich wird. Tobias Wilhelm sprach mit „Dän“ über Glauben, Kirche und das neue Album „Läuft bei euch“.
• Herr Dickopf, die Wise Guys sind vielen Zuschauern durch ihre Auftritte bei Kirchentagen bekannt geworden. Da stellt sich natürlich die klassische Gretchenfrage …
Jeder von uns ist auf seine Weise dem Glauben verbunden – es gibt keinen, der extrem fromm wäre, aber auch niemanden, der damit überhaupt nichts anfangen kann.
• In einem irischen Segenslied wünschen die Wise Guys: „Sei über 40 Jahre im Himmel, bevor der Teufel merkt, Du bist schon tot.“ Glauben Sie an ein ewiges Leben?
Ich liebe diese Zeile – es ist jedes Mal bewegend, sie zu singen. Die Vorstellung, dass mit dem Tod alles aus sein soll, finde ich bedrückend. Das kann ich mir schwer vorstellen. Ich hoffe und glaube auch, dass es ein Leben danach gibt. Viele intelligente Menschen der Zeitgeschichte haben das getan – und ich denke nicht, dass die alle auf dem Holzweg waren.
• Wie stellen Sie sich Gott vor?
Ich glaube an einen Gott, der liebt und verzeiht, der nichts Bedrohliches oder Strafendes hat. Ich bin Christ, aber ich glaube, dass alle Religionen und Konfessionen letztlich auf denselben Gott hinzielen.
• Haben Sie einen Lieblingsheiligen?
Einer, der offiziell gar keiner ist: Ich bewundere Dietrich Bonhoeffer, seinen Mut und seine aufrechte Haltung. Noch in der Todeszelle „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ zu schreiben – das finde ich unglaublich faszinierend.
• Seit über zehn Jahren gehören Sie zu den Zuschauermagneten bei allen großen Kirchentagen, haben drei der Mottosongs geschrieben. Und das, obwohl keiner der Wise-Guys-Texte explizit christlich ist. Wie können Sie sich das erklären?
In vielen unserer Lieder geht es um Gemeinschaft und eine positive, humorvolle Einstellung zum Leben, die sich in vielen Punkten mit der christlichen Botschaft deckt und offenbar mit der Haltung vieler Kirchentagsbesucher kompatibel ist. Aber wir wollen unsere Überzeugungen auf keinen Fall heraushängen lassen oder gar anderen aufzwingen.
• Nun sind ja nicht alle Ihre Fans gläubig. Gab es auch Kritik, dass Sie sich so häufig bei kirchlichen Großveranstaltungen engagieren?
Unsere Fans haben uns dafür nie angegriffen. Das Problem sind eher Medienvertreter, die uns wegen unserer Auftritte auf Kirchentagen in die Schublade „brav, lieb und langweilig“ einsortiert haben.
• Sich zum Glauben zu bekennen, ist heute mutig. Durch die Skandale der vergangenen Jahre ist die öffentliche Meinung bezüglich der Kirche distanziert bis feindselig …
Wenn Dinge passieren, die Anfeindungen rechtfertigen, macht mich das zornig. Aber es ist auch traurig, wenn alles über einen Kamm geschoren wird. Das Internet macht es leicht, anonym Kübel voller Hass auszuschütten. Natürlich gibt es in der Kirche eine Menge zu kritisieren, aber eben noch sehr viel mehr Positives. Ich kenne weltweit keine Institution, die vergleichbar viel Gutes tut.
• Stichwort Kritik: Was wünschen Sie sich von einem guten Gottesdienst?
Dass man Texte und Predigten zu hören bekommt, die Anregungen für das eigene Leben geben. Und dass einen die Musik im Herzen bewegt. Das ist ein wichtiger Teil des Gottesdienstes. Ich liebe zum Beispiel Bach, wie er gezielt die Orgel einsetzt, alle Register zieht, dann wieder leise wird. Und ich mag Organisten, die mit kreativen Harmonien gut begleiten können.
• Was sind Ihre Lieblingsstücke im Gesangbuch?
Bachs „Wer nur den lieben Gott lässt walten“, „Großer Gott“ und zu Weihnachten „Menschen, die ihr wart verloren“ – das funktioniert aber nur, wenn der Organist gut ist. Udo Jürgens hat uns mal gesagt: Der Deutsche verwechselt Pathos und Kitsch. Gegen Pathos spricht nichts, das ist positiv und wichtig – in der Kirchenmusik genauso wie bei unseren Liedern.
• Apropos Kirche und Musik: Ihre Band tritt seit 2012 auch in Gotteshäusern auf. Was hat es mit den Kirchenkonzerten auf sich?
Wir singen vor allem ruhigere Sachen, die mit der Akustik der Gebäude harmonieren. Es gibt keine Lichteffekte oder Hampelei, kaum Verstärkung: Die Zuschauer können sich ganz auf die Stimmen konzentrieren – eine Reduktion, die gut ankommt. Unter anderem haben wir zweimal vor tausend Leuten im Dom von Linz gespielt.
• Gibt es Gotteshäuser, denen Sie besonders verbunden sind?
Als Kölner natürlich unserem Dom. Immer wenn ich da vorbeikomme, schaue ich hoch, halte inne oder gehe kurz rein. Auf der Autobahn sieht man ihn schon von Weitem – da geht einem das Herz auf. Außerdem die Kirche meiner Heimatgemeinde St. Nikolaus und die katholische Kirche auf Borkum, wo ich als Kind oft gewesen bin und noch immer gerne zum Songschreiben hinfahre.
• Seit über zehn Jahren werben Sie bei Konzerten aktiv für Hilfsprojekte von Misereor. Wieso?
Wir sind reich beschenkt, dass wir unser Hobby zum Beruf machen durften und viele Menschen erreichen. Wenn wir die Öffentlichkeit nutzen, um auf gute Initiativen aufmerksam zu machen und Geld dafür zu sammeln, bricht uns kein Zacken aus der Krone.
• Mit „Engel“ und „Dankbar für die Zeit“ gab es zuletzt ungewohnt ernsthafte Lieder. Wie sieht es beim Album „Läuft bei euch“ aus, das jetzt erschienen ist?
Wir sind zu alt, um nur rumzublödeln. Im Song „Tim“ geht es etwa um einen wahren Fall, bei dem sich ein gemobbter Junge umgebracht hat. Das ist heftig – auf die Reaktionen bin ich gespannt. Ein anderes Lied handelt vom Phänomen des „Gaffens“. Aber keine Sorge – der Spaß kommt nicht zu kurz.
Konzerttermine demnächst: 24. September in Dortmund (Konzerthaus, Brückstraße 21), 24. Oktober in Siegen (Siegerlandhalle), 5. November in Münster (Halle Münsterland), 18. Dezember in Bielefeld (Stadthalle).
Weitere Informationen und Termine im Internet: www.wiseguys.de, Telefon (0 22 33) 3 90 92 93 oder E-Mail: buero@wiseguys.de.