Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, erntet weiter Kritik für seinen Appell für eine Verhandlungslösung zwischen Israel und den Palästinensern. Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht keine Grundlage für die Aufforderung an Israel, über eine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern zu sprechen.
“Die Terrororganisation Hamas hat nicht nur im Gazastreifen eine absolute Machtstellung, sondern erfährt auch eine breite Unterstützung aus dem Westjordanland”, sagte Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Donnerstag). “Herr Heusgen sollte vor diesem Hintergrund darstellen, wen er denn überhaupt für Israel als Demokratie als ernstzunehmenden Ansprechpartner auf palästinensischer Seite für eine Zwei-Staaten-Lösung sähe.”
Der frühere UN-Botschafter Heusgen hatte am Dienstag im ZDF gesagt: “Es muss zu einer diplomatischen Lösung kommen.” Es gehe zunächst um die Befreiung aller von der Terrormiliz Hamas in den Gazastreifen verschleppten Geiseln. Danach müsse man zurückkehren zur Zwei-Staaten-Lösung, die geltendes Recht sei. Am Mittwochabend räumte er Fehler in seiner Wortwahl ein, so die Bezeichnung des Terrorangriffs vom 7. Oktober als “Hamas-Aktion”. “Ja, ich hätte das als Terroraktion darstellen müssen”, sagte er dem RND.
Unterdessen bezweifelte Israels Botschafter Ron Prosor die Rolle Heusgens als Chef der Münchner Sicherheitskonferenz. Aus seiner Sicht stellten sich große Fragen an die Eignung Heusgens, die Konferenz zu führen, sagte Prosor dem Sender Welt-TV.
Der Chef des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), kritisierte die Äußerungen Heusgens laut “Bild”-Zeitung (Donnerstag) ebenfalls. Man solle Israel “aus gemütlichen Wohnzimmern” keine Ratschläge geben, wie es diesen Krieg führen sollte.
Ähnlich wie Schuster äußerte sich der frühere CDU-Vorsitzende Armin Laschet. Er sagte dem RND: “Eine Zwei-Staaten-Lösung ist nach wie vor wünschenswert. Aber wer sollen die Akteure im Gazastreifen sein? Wo sind die friedlichen, demokratischen Kräfte?” Man müsse die gesamte Struktur der Hamas zerschlagen. Sie sei nicht nur eine Gefahr für Israel, sondern auch für die Palästinenser, die die Leidtragenden der Terror-Herrschaft seien, und auch für die arabischen Nachbarstaaten und den Westen.
1947 nahm die Vollversammlung der Vereinten Nationen den UN-Teilungsplan für Palästina an. Er sieht die Einrichtung zweier unabhängiger Staaten für Juden und Araber auf dem Gebiet Palästinas vor und wollte Jerusalem und Bethlehem unter internationale Kontrolle stellen.
Die Umsetzung des Teilungsplans scheiterte ebenso immer wieder wie Friedensgespräche, unter anderem an der fehlenden Einigung über die Grenzen zwischen den beiden Staaten. Zu den Streitfragen gehören neben Israels Siedlungsbau auch die Frage des Rückkehrrechts palästinensischer Flüchtlinge sowie der Status von Jerusalem.
Im Zuge der Oslo-Friedensgespräche in den 1990er Jahren bekannten sich beide Seiten zum Existenz- und Selbstbestimmungsrecht des jeweils anderen Volkes. Verhandlungsbasis weiterer Friedensgespräche ist die Orientierung an den Grenzen von 1967. Demnach würde ein künftiger Palästinenserstaat die von Israel im Sechstagekrieg besetzten Gebiete im Westjordanland einschließlich Ostjerusalems sowie den Gazastreifen umfassen. Allerdings ist auch die Zwei-Staaten-Lösung angesichts der politischen Realitäten meilenweit entfernt, unter anderem wegen des völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungsbaus im Westjordanland.