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ZDF holt historische Persönlichkeiten mit KI auf den Bildschirm

Zeitzeugen historischer Ereignisse können ihre Geschichte kaum selbst erzählen. Was wäre, wenn Bismarck oder Rosa Luxemburg sich selbst ans Publikum wenden könnten? Und was, wenn Hitler seine Geschichte erzählen würde?

Das ZDF bringt in seinem neuen Format “Deepfake Diaries” historische Persönlichkeiten zum Sprechen – mithilfe von Schauspielern und Künstlicher Intelligenz. Bislang sind Folgen zu Oskar Schindler, Otto von Bismarck, Rosa Luxemburg, Georg Elser und Rudi Dutschke produziert. Der Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte, Stefan Brauburger, betonte im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass bei der Auswahl der historischen Akteure viel Wert auf Nachvollziehbarkeit gelegt werde und dass es auch klare Grenzen gebe: “Niemand käme auf die Idee, beispielsweise Hitler seine Geschichte erzählen zu lassen.”

Brauburger erklärte zudem, dass der Sender mit dem Format vor allem eine jüngere Zielgruppe für die Vermittlung historischer Inhalte gewinnen wolle: “Das Format soll Jugendliche dort ansprechen, wo sie sich informieren, also im Streaming und bei Social Media. Und wenn man ihnen historische Persönlichkeiten näherbringen will, warum nicht mit den neuesten technischen Mitteln, um auch dadurch ihr Interesse zu wecken?”

Für das Format habe sein Team darauf geachtet, zu jeder Zeit transparent zu machen, dass es sich bei dem Bildmaterial um KI-generierte Videos handele, fügte Brauburger hinzu. Die digitale Revolution ermögliche die Visualisierung historischer Stoffe in einer bisher nicht gekannten Dimension, so der Historiker: “Die Entwicklung birgt Risiken, ein Potenzial für Fälschungen, aber auch Chancen für eine faktenbasierte Vermittlung von Wissen, auch von Geschichte.”

Für das Format habe ein Schauspieler jeweils die Rolle der historischen Figur eingenommen und Originaltexte eingesprochen. Das Aussehen und teilweise auch die Stimme seien dann mithilfe Künstlicher Intelligenz so verändert worden, dass sie die Figuren täuschend echt darstellen, erklärte Brauburger. Dieser Prozess werde in den fünf Episoden auch gezeigt und erklärt, um Transparenz herzustellen. Ergänzt werden die KI-Darstellungen von dokumentarischen Sequenzen und Experteneinschätzungen.

Das Format, das in der ZDF-Mediathek abrufbar ist, soll Brauburger zufolge auch “dem KI-Wildwuchs in Sachen Geschichte” etwas entgegensetzen, den der Historiker und Journalist im Netz wahrnimmt. Man könne mit einem so faszinierenden wie brisanten Instrumentarium etwas faktenbasiert erklären, aber auch täuschen und manipulieren. “Wir setzen auf Information”, betont Brauburger. Alle historischen Figuren stünden für relevante historische Entwicklungen und Ereignisse. Ob weitere Episoden entstehen sollen, stehe noch nicht fest.