Die Zahl der Fälle von Antisemitismus und Judenhass in Niedersachsen ist im vergangenen Jahr auf einen neuen Höchststand seit dem Beginn ihrer Erfassung gestiegen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) dokumentierte in ihrem Jahresbericht für 2024 insgesamt 650 Fälle, wie sie am Montag in Hannover mitteilte. Das entspricht einem Anstieg um 86 Prozent. Zu den gemeldeten Vorfällen gehören Angriffe, Bedrohungen und Sachbeschädigungen. Es gab drei Fälle extremer Gewalt wie den Brandanschlag auf die Synagoge in Oldenburg sowie 16 körperliche Angriffe.
„Antisemitismus war 2024 für viele Jüdinnen und Juden keine abstrakte Bedrohung, sondern brutale Realität: auf der Straße, in Schulen, online und selbst an Schutzorten wie Synagogen“, bilanzierte die Leiterin der Meldestelle, Katarzyna Miszkiel-Deppe. Antisemitismus sei ein „Angriff auf die demokratische Substanz unseres Landes“. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter Gerhard Wegner sagte, der Judenhass in Deutschland müsse entschlossener bekämpft werden: „Auf allen
Ebenen.“
Im Jahr 2023 waren landesweit 349 Fälle von Judenfeindlichkeit gemeldet worden, das bedeutete für Niedersachsen schon damals einen Höchststand. Auch aus anderen Bundesländern wurden nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 neuen Höchststände gemeldet. Die Meldestelle Rias geht zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Viele Betroffene vermieden es aus Angst oder mangelndem Vertrauen, ihre Erlebnisse zu melden. Die Meldestelle Rias war 2020 zunächst für die Stadt Hannover eingerichtet worden. Später wurde sie auf ganz Niedersachsen ausgeweitet.