Katholische Segensfeiern für homosexuelle Paare sind möglich, aber nicht überall. Eine aktuelle Recherche zeigt, welche Bischöfe eine neue Handreichung umsetzen und welche nicht.
Viele katholische Kirchen segnen längst homosexuelle und wiederverheiratete Paare – aber längst nicht alle. Wie Recherchen des Internetportals katholisch.de (Mittwoch) zeigen, hängt das vom jeweiligen Kirchenbezirk ab. Drei Monate nach Veröffentlichung der Handreichung “Segen gibt der Liebe Kraft” reagieren deutsche Bistümer und Erzbistümer sehr unterschiedlich bei Segnungen für Paare, die keine kirchliche Ehe eingehen können.
Demnach lehnen fünf deutsche Bistümer die Umsetzung der Handreichung ab: das Erzbistum Köln sowie die Bistümer Augsburg, Eichstätt, Passau und Regensburg. Sie berufen sich auf den Vatikan: Die deutsche Handreichung entspreche nicht den römischen Vorgaben.
Andere Bistümer unterstützen den Vorstoß und setzen ihn bereits in der Praxis um. Das Bistum Essen betont, Mitarbeitende hätten an dem Papier mitgearbeitet und man biete auch Fortbildungen zur Handreichung an. Die Bistümer Limburg, Osnabrück und Trier haben den Leitfaden in ihren Amtsblättern veröffentlicht. In Osnabrück wurde zudem ein Formular zur statistischen Erfassung der Segnungen bereitgestellt. Auch das Bistum Rottenburg-Stuttgart veröffentlichte die Handreichung und kündigte Fortbildungen für Seelsorger an.
Die Bistümer Dresden-Meißen und Hildesheim haben die Handreichung auf ihren Internetseiten zugänglich gemacht. Das hat offiziösen Charakter, jedoch weniger Verbindlichkeit als eine Publikation im Amtsblatt. Das Bistum Aachen kündigte eine Empfehlung des Papiers an. Auch die Bistümer Fulda, Mainz, Speyer und Würzburg befürworten Segensfeiern. In Mainz riet Bischof Peter Kohlgraf persönlich allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die Handreichung in ihrer Praxis zu berücksichtigen. Würzburg verweist laut katholisch.de auf bestehende Erfahrungen mit individuellen Segensfeiern.
Mehrere Bistümer haben hingegen noch keine endgültige Position bezogen, darunter Görlitz, München-Freising, Magdeburg und Paderborn. Keine Rückmeldungen gab es bisher aus Erfurt und Hamburg. Das Erzbistum Berlin setzt vorerst auf Kontinuität: Erzbischof Heiner Koch will selbst keine Segnungen vornehmen, will aber Seelsorgerinnen und Seelsorger, die queere Paare segnen, nicht disziplinarisch einschränken.
Mit dem englischen Wort queer bezeichnen sich Menschen, die nicht heterosexuell sind oder deren geschlechtliche Identität nicht mit gesellschaftlichen Rollenbildern übereinstimmt. Unter ihnen sind Personen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung die wohl größte Gruppe.
Laut katholisch.de betonen das Erzbistum Freiburg und das Bistum Münster, dass die Handreichung keinen verpflichtenden Charakter habe. Beide Bistümer setzen daher auf die Sensibilität und das pastorale Einfühlungsvermögen der Seelsorger vor Ort. Das Erzbistum Bamberg teilte mit, man habe die Handreichung beraten. Das Ergebnis sei jedoch nicht mitgeteilt worden.
Die Handreichung “Segen gibt der Liebe Kraft” wurde von der Gemeinsamen Konferenz aus Deutscher Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) erarbeitet und versteht sich als Orientierungshilfe. Grundlage ist die vatikanische Erklärung “Fiducia supplicans” vom Dezember 2023, die Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare und Paare in “irregulären Situationen” erstmals in einem engen Rahmen außerhalb von Gottesdiensten und offiziellen kirchlichen Feiern ermöglicht.
Diese Segnungen, so der Vatikan, dürften jedoch nicht den Eindruck erwecken, es handle sich um eine Bestätigung der Beziehung. Dafür dürfe der Segen etwa für homosexuelle oder wiederverheiratete Paare nur wenige Sekunden dauern und müsse eher beiläufig erteilt werden, zum Beispiel bei einer Begegnung des Paares mit einem Seelsorger. Kritiker der Handreichung bemängeln, dass diese doch zu sehr in Richtung eines offiziellen kirchlichen Rituals gehe, was der Vatikan ausdrücklich nicht wolle.