Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) will mit einem Leitlinien-Papier deutsche Hochschulen für Chancen und Risiken in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit China sensibilisieren. Dabei werde ein „realpolitischer“ Ansatz verfolgt, erklärte DAAD-Präsident Joybrato Mukherjee am Montag in Bonn. Das rund 30 Seiten starke Empfehlungspapier schildert China als eine in Teilbereichen federführende Wissenschaftsnation und verweist zugleich auf die machtpolitischen Ansprüche des Landes und die deutsche außenpolitische Bewertung Chinas als „systemischer Rivale“.
China habe sich zu einer erfolgreichen Wissenschaftsnation entwickelt, erklärte Mukherjee. Zugleich sei die Volksrepublik ein „herausfordernder Partner in der Außenwissenschaftspolitik“. Die akademische Kooperation mit China müsse dem Rechnung tragen und realistisch gestaltet werden.
Zu den Herausforderungen im Hochschulbereich gehören insbesondere die enge zivil-militärische Verschränkung und machtpolitische Verankerung der chinesischen Wissenschaft, wie es in dem Leitlinien-Papier des DAAD heißt. Hinzu kämen die zentrale Steuerung und Überwachung des Wissenschaftssystems sowie fehlende Freiheiten in Forschung und Lehre in China. Der „Academic Freedom Index“ führe China unter den zehn Prozent der Länder mit der am geringsten ausgeprägten Wissenschaftsfreiheit, in einer Gruppe mit dem Iran und Saudi-Arabien.
Die chinesische Regierung habe die Hochschulen des Landes als mögliche Ausgangsorte demokratischer Proteste und Unruhen genau im Blick, mahnt der DAAD. Mittels Personalschulungen, Überprüfungen, Berichtsanforderungen sowie Videoanlagen in den Hörsälen stünden die Hochschulen und das Leben auf dem Campus unter kontinuierlicher Überwachung. Auch die Digitalisierung der Lehre und Hochschulverwaltung führe dazu, dass politische Kontrolle umfassender ausgeübt werden kann. So seien die Universitäten in China angehalten, nicht nur fachliche Talente heranzubilden, „sondern den zukünftigen Eliten auch fachübergreifend die richtige Gesinnung mit auf den Weg zu geben“.
Der DAAD sieht in dem Spannungsverhältnis zwischen wissenschaftlicher Relevanz und politischer Ausrichtung Chinas die sogenannte China-Kompetenz deutscher Hochschulen als unerlässlich für wissenschaftliche Zusammengänge. Eine solche Kompetenz sei Voraussetzung, um etwa Prüfverfahren und Prozesse für bestehende und künftige Kooperationen zu entwickeln, heißt es. Die Kooperation mit China reflektiert zu gestalten, setze ein umfassendes Verständnis der Rahmenbedingungen, Entscheidungsprozesse, Einschränkungen und Grauzonen des chinesischen Wissenschaftssystems und der chinesischen Gesellschaft insgesamt voraus, heißt es in den DAAD-Leitlinien.