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Wissenschaftler: Kirchen sind nicht mehr Herren ihres Schicksals

Die Kirchen in Deutschland verlieren Mitglieder. In Trier diskutierten Bischof Ackermann und Präses Latzel über die aktuelle Rolle von Religion – und ein Soziologe verweist dabei auf gesellschaftliche Entwicklungen.

Der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack sieht weltweit einen Rückgang der Bedeutung von Religionen und religiösen Bindungen. Insofern sei Deutschland kein Sonderfall, sagte Pollack am Mittwoch in Trier. Denn für 58 Prozent der Menschen in der Bundesrepublik seien religiöse Fragen nicht wichtig; insgesamt gehöre nur noch weniger als die Hälfte der katholischen oder der evangelischen Kirche an. Deutschland zeichne ein im internationalen Vergleich niedrigeres Vertrauen in die Kirchen aus.

Pollack verwies auch auf die hohen Raten der Kirchenaustritte, die in den vergangenen Jahren bei weit mehr als einem Prozent aller Kirchenmitglieder lagen. Bundesweit seien mehr als 40 Prozent aller Menschen konfessionslos.

Diese Befunde seien Ausdruck sozialer Veränderungen, sagte der Wissenschaftler. So hätten etwa Kirchennähe oder Kirchenferne der Eltern Einfluss auf die Kirchenbindung der Kinder. “Die Kirchen sind nicht mehr Herren ihres Schicksals”, fasste Pollack seine Erkenntnisse zusammen.

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann forderte bei der Debatte in der Universität Trier die Kirchen dazu auf, den christlichen Glauben besser zu erklären. Die christliche Botschaft sei für viele Menschen alles andere als selbstverständlich. Ackermann rief dazu auf, selbstbewusst damit zu werben, dass die Kirchen für ein wertebasiertes Weltbild stünden.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, betonte, dass man auch ohne den christlichen Glauben ein guter Mensch sein könne. Er räumte ein, dass Kirche vor einer herausfordernden Gesamtsituation stehe.