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Wirtschaftsethiker Wallacher: US-Forscher für Europa gewinnen

Der Bundestag ist gewählt, die Regierungsbildung herausfordernd. Ein Münchner Hochschulpräsident plädiert nun für ein gezieltes Anwerbeprogramm für Wissenschaftler, die in den USA “gerade heimatlos werden”.

Der Münchner Wirtschaftsethiker Johannes Wallacher erhofft sich von der neuen Bundesregierung wissenschaftspolitische Impulse. “Gebot der Stunde wäre ein europäisches Anwerbeprogramm für Nachwuchswissenschaftler aus den USA, die dort gerade heimatlos werden”, sagte Wallacher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Montag in München. “Europa braucht die besten Köpfe, um im internationalen Wettbewerb um Innovationen bestehen zu können.” Der Wissenschaftler ist Präsident der Hochschule für Philosophie. Die vom Jesuitenorden getragene Einrichtung besteht seit 100 Jahren.

Auch den drohenden Handelskrieg mit den USA könnten die Europäer nur gemeinsam bestehen, sagte Wallacher und warb für Freihandelsabkommen wie Mercosur mit Lateinamerika. In solchen Verträgen müssten die Europäer versuchen, möglichst viele ihrer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ziele einzubringen. “Aber wir werden auch Kompromisse machen müssen.”

Eine Exportnation wie Deutschland sei auf eine internationale Ordnung mit fairen Handelsregeln besonders angewiesen, fügte Wallacher hinzu. Zugleich zeigten neuere Studien, “dass autokratische Systeme kurz- und mittelfristig wirtschaftlich nicht die Leistungsfähigkeit hervorbringen wie weltoffene und regelbasierte Volkswirtschaften”.

Als “dramatisch” bewertete der Experte, dass die beiden Kernanliegen von Papst Franziskus, Klimaschutz und globale Gerechtigkeit, im Wahlkampf so gut wie keine Rolle gespielt hätten. Dies zeige, “wie sich die Weltordnung zehn Jahre nach seiner bahnbrechenden Sozial- und Umweltenzyklika ‘Laudato si’, dem Klimaabkommen von Paris und der Verabschiedung der globalen Nachhaltigkeitsziele verschoben hat.”

Dennoch bleibe die Analyse des Papstes richtungsweisend, führte Wallacher aus: Die soziale und die ökologische Krise seien untrennbar miteinander verbunden und könnten nur gemeinsam gelöst werden. Das gehe nicht allein mit moralischen Appellen. Wirtschaftliche Vernunft sei gefragt.