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Wir verstehen uns!

Über den Predigttext am Pfingstsonntag: Apostelgeschichte 2,7-13

Predigttext
7 Sie entsetzten sich aber, verwunderten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? 8 Wie hören wir denn jeder seine eigene Muttersprache? 9 Parther und Meder und Elamiter und die wir wohnen in Mesopotamien und Judäa, Kappadozien, Pontus und der Provinz Asien, 10 Phrygien und Pamphylien, Ägypten und der Gegend von Kyrene in Libyen und Einwanderer aus Rom, 11 Juden und Judengenossen, Kreter und Araber: wir hören sie in unsern Sprachen von den großen Taten Gottes reden. 12 Sie entsetzten sich aber alle und wurden ratlos und sprachen einer zu dem andern: Was will das werden? 13 Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Sie sind voll von süßem Wein.

Laut, bunt und lustig war der Abend geworden. Dabei hatte alles etwas verkrampft begonnen. Die Pfarrerin hatte die Familien und jungen Männer aus der Flüchtlingsunterkunft zum Gemeindenachmittag eingeladen. Sie kamen zögernd und zurückhaltend. Nach und nach ließen sie sich nieder, tranken einen Tee.
Dann hatte der Kantor sich ans Klavier gesetzt und einige Lieder angestimmt. Die Gäste tauten auf. Sie sangen eines ihrer Lieder. Einer hatte schnell sein Instrument geholt, ein anderer setzte sich mit ans Klavier. Hin und her ging es, und so wurde es spät und laut, bunt und lustig.

Die einen sind skeptisch. Die anderen helfen

Am nächsten Morgen wurde heiß diskutiert. „Was soll das werden?“, hieß es. Und: „Wir verstehen die doch gar nicht.“ – „Und Christen sind es auch nicht.“ So redeten die einen. „Dann helfen wir ihnen eben.“ – „Ich organisiere einen Sprachkurs.“ – „Ich könnte mit den Kindern spielen.“ – „Ich kenne einen, der dolmetschen kann.“ So sprachen die anderen.
Seitdem geht es öfter bunt, laut und lustig zu im Gemeindezentrum. Es gibt ein Sprachcafé, einen Treff für Frauen und Kleinkinder, eine Kinder-Spielstube, und regelmäßig am Sonntagnachmittag ein offenes internationales Singen.

Einige sind jetzt im Bibelkurs

Und am Sonntagmorgen kommen viele der jungen Männer und Familien in den Gottesdienst. Da ist die Atmosphäre ganz anders. Sie lauschen der Orgelmusik und scheinen die Ruhe des Gottesdienstes zu genießen. Obwohl sie mit Sicherheit nicht viel verstehen, spüren sie offensichtlich die Nähe Gottes und lassen sich von ihr berühren. Einige sind jetzt im Bibelkurs. Sie wollen sich taufen lassen.
So geschieht es zurzeit an vielen Orten in unserer Kirche, in Dortmund und Hagen, in Borgentreich und Paderborn, in Lübbecke und Steinfurt, in Menden und Plettenberg. Das Pfingstwunder, wie Lukas es in der Apostelgeschichte beschreibt, hat mitten unter uns Gestalt angenommen.
Da kommen Menschen – das Brausen im Blätterwald beschreibt sie als „Welle“ und als „Krise“ –, da kommen Menschen aus Afghanistan und Pakistan, aus dem Iran und dem Irak, aus Ägypten und dem Libanon, aus Tunesien, Algerien, Libyen und Marokko, aus Eritrea, Ghana und dem Sudan, aus Osteuropa und aus Syrien.
Und die einen entsetzen sich und sagen: „Was soll das werden?“ Andere spotten und lästern und heizen die Stimmung an und sagen: „Die überfremden uns. Die bringen eine andere Kultur mit. Die haben nicht unsere Werte und teilen nicht unser Menschenbild.“
Und dann gibt es diejenigen, die mit ihnen sprechen und ganz schnell herausfinden: „Wir verstehen uns.“ So viele unterschiedliche Muttersprachen, und doch die eine Sehnsucht: Freiheit, Frieden, Ruhe. Keine Gewalt mehr. Nur Schutz, Geborgenheit, Raum zum Leben!

Wir werden uns die Augen reiben

Das ist Pfingsten. Der Heilige Geist befähigt uns dazu, das menschliche Gesicht Europas zu zeigen. Er bewegt uns dazu, unsere Türen zu öffnen und alle einzuladen, die mühselig und beladen sind.
Das wird uns verändern. Wir werden uns die Augen reiben und uns fragen: „Was wird das werden?“ Aber das ist es, was die Bibel meint, wenn es heißt: Gott sagt, ich will meinen Geist ausgießen, und eure Söhne und Töchter sollen weissagen und eure Alten sollen Träume haben, und meine Knechte und Mägde werden erlöst.
Darauf ruht Gottes Segen.