Ein wilder, fröhlicher Wirbel aus kräftigen Farben und schwungvollen Linien – das sind die Bilder des Malers Otmar Alt häufig auf den ersten Blick. Das Auge sucht nach Bekanntem, findet hier und da ein Gesicht, eine Hand, einen Stern, ein Kreuz – aber vieles bleibt auch unbestimmt abstrakt in den puzzleartig ineinander geschachtelten Formen. Erst auf den zweiten Blick erschließen sich auch tiefere Ebenen: Trauer, Leid, Wut und Tod – all das findet sich in Alts nur scheinbar naiven Bildern, wenn man danach sucht.
Otmar Alt ist inzwischen 75 Jahre alt. Er hat unzählige Bilder gemalt, Skulpturen geschaffen, Bühnenbilder und Gebrauchsgegenstände gestaltet. Erst in den vergangenen Jahren hat er sich an ein großes Projekt gemacht: die Bibel – „das großartigste Epos der Weltliteratur“, wie der Künstler selbst sagt. Drei Jahre lang hat er sich mit ihren Texten auseinandergesetzt und sich zu rund 150 Bildern inspirieren lassen.
Otmar Alts erster Kontakt mit dem christlichen Glauben war kein besonders glücklicher: Sein Vater Rudolf Hermann Alt war Mitglied der Herrnhuter Brüdergemeinde, ein prinzipientreuer Protestant. Trotzdem kam sein Sohn Otmar unehelich zur Welt – seine Mutter Dorothea Stiemke heiratete der Vater erst später. Otmar Alt wuchs „in einer von der Herrnhuter Frömmigkeit, aber auch dessen durch seinen Vater repräsentierten Rohrstock-Strenge und Autorität auf“, so heißt es im Vorwort des Buches. Der Künstler musste sich daher im Laufe seines Lebens einen neuen Zugang zum Glauben und zur Bibel erst erarbeiten. Die Liebe ist ihm dabei zum Leitfaden geworden, denn: „Alles, was du mit Liebe machst, wird schön.“
Die Auswahl der Bibelstellen, die Alt für seinen Bibelzyklus getroffen hat, ist ganz subjektiv entstanden – „mit dem Bauch“, wie er formuliert. Neben Einzelbildern stehen mehrteilige Zyklen über die Zehn Gebote, die Todsünden oder das Vaterunser. Dabei scheut der Maler sich nicht, auch Gott ein Gesicht zu geben, etwa in der Darstellung der Schöpfung oder der Himmelfahrt (siehe Bild links).
Zu jedem Bild „seiner“ Bibel hat Otmar Alt selbst eine kurze Auslegung gegeben, manchmal direkt auf den Bibeltext bezogen, manchmal eher als Assoziation zu einem Thema des Textes. Außerdem sind den Bildern Erläuterungen des Autors Klaus Altepost beigefügt, die die biblischen Texte mit Blick auf ihre geschichtliche Herkunft und ihre Bedeutung für die Gegenwart betrachten.
Die Otmar-Alt-Bibel liegt in zwei Ausgaben vor: einer Geschenkversion mit buntem Papp-Einband und einer Schmuckversion mit Leineneinband und Goldschnitt. Das Innenleben ist jeweils identisch. Die Kunst-Bibel bietet in Bild und Text viele interessante und überraschende Interpretationen der biblischen Texte. Ein liebevoll gestaltetes Buch für alle, die neugierig sind auf das, was sich im Buch der Bücher noch alles entdecken lässt.
Die Otmar-Alt-Bibel mit Bildern von Otmar Alt und Texten von Klaus Altepost. Geschenkausgabe: Luther-Verlag, 256 Seiten, 29,95 Euro; Schmuckausgabe: Kettler-Verlag, 256 Seiten, 49,95 Euro. Beide Ausgaben können bestellt werden über den Luther-Verlag, Telefon (05 21) 94 40-137, E-Mail: vertrieb@luther-verlag.de.
Diese drei Motive aus der Otmar-Alt-Bibel zeigen die Vielfalt von Alts künstlerischer Interpretation zu biblischen Texten. Die Bildtitel stammen vom Künstler selbst. Oben: „Himmelfahrt“; rechts: „David und Goliath“; links: „Erlösung“.
Fotos: Luther-Verlag