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Wie Städte einen kühlen Kopf behalten wollen

Auftanken, erfrischen, abkühlen: In vielen Städten Deutschlands gibt es inzwischen Pläne, wie das Wohlbefinden der Bürger bei großer Hitze erhalten werden kann. Vieles braucht Zeit – und kostet Geld.

Von wegen unbeschwerter Sommer. Derzeit sorgen Hitzerekorde und Tropennächte für erhebliche Belastungen von Mensch und Natur. Besonders in Städten und Ballungsgebieten. In deutschen Städten seien mehr als zwölf Millionen Menschen an ihrem Wohnort extremer Hitze ausgesetzt, hieß es im kürzlich veröffentlichten “Hitze-Check” der Deutschen Umwelthilfe. Von 190 Städten bekamen 31 eine rote Karte. Menschen in Mannheim, Ludwigshafen und Worms sind am stärksten von Hitze betroffen.

Landauf, landab arbeiten Stadtverwaltungen an Hitzeschutzplänen. “Wir geben den Bürgerinnen und Bürgern Hitzeschutztipps und veröffentlichen online Hitzekarten. Es gibt Apps, die Hitze-Inseln anzeigen und Menschen rechtzeitig vor zu hohen Temperaturen warnen können”, sagt Helmut Dedy, bis Dienstag Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages. “Viele Städte haben bereits Hitzeaktionspläne. Ein kommunaler Hitzeaktionsplan bleibt ein Papiertiger, wenn wir die geplanten Maßnahmen nicht umsetzen können, weil den Städten das Geld fehlt.”

Fest steht: Das Stadtklima unterscheidet sich deutlich vom Klima des Umlands. Versiegelte Flächen und Materialien wie Beton, Glas oder Metall speichern Wärme. Abkühlungseffekte finden aufgrund der geringeren Vegetation und Wasserflächen nur begrenzt statt. Kühlender Wind ist durch Bebauung häufig blockiert. Städte sind Wärme-Inseln: Analysen zeigen, dass die Innenstädte im Vergleich zum Umland im Jahresmittel durchschnittlich zwei Grad wärmer sind. Nach heißen Sommertagen wurden Temperaturunterschiede von über zehn Grad gemessen. Das Problem könnte sich verschärfen: Bis 2050 werden Schätzungen zufolge zwei Drittel aller Menschen auf der Erde in Städten leben.

Wie Städte cool bleiben können – dafür gibt es zahlreiche Pläne auf Bundes- und Landesebene – darunter das Klimaanpassungsgesetz des Bundes oder das 2024 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung ins Leben gerufene Forschungsfeld “Urban Heat Labs”. Acht kommunale Modellvorhaben erproben dabei bis 2027 Konzepte für die Hitzevorsorge in dicht bebauten Wohnquartieren. Bürgerbeteiligung wird dabei großgeschrieben.

Im Berliner Stadtteil Lichtenberg etwa sollen durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) Hitze-Hotspots identifiziert und abgebaut werden. In Berlin-Pankow sollen im Mauerpark “Cooling Points”, also öffentliche Plätze zum Abkühlen, enstehen, um die Hitzebelastung lokal zu mildern. Und in der denkmalgeschützten High-Deck-Siedlung in Berlin-Neukölln sollen gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern natürliche und bauliche Verschattungen, kühlende Infrastrukturen sowie die Nutzung von Regenwasser für Bewässerung und Kühlung getestet werden.

Entscheidend ist, dass jede Stadt ihren eigenen Weg findet: Dabei zeigen mehrere Studien, dass vielfältige Grünanlagen – öffentlich oder privat – mit großkronigen Bäumen die negativen Auswirkungen der globalen Erwärmung mildern können. Mit 1.000 Baumpflanzungen pro Jahr soll beispielsweise Mannheim nach und nach immer mehr Grün bekommen. Mönchengladbach will insgesamt sechs Trinkwasserbrunnen installieren. Städte wie Karlsruhe haben Schottergärten und Kunstrasen verboten.

Vielfach diskutiert wird das Konzept der Schwammstadt: Wasser muss versickern können oder wird gespeichert. Die Oberflächen werden weniger zubetoniert. Mulden und Zisternen sammeln Regenwasser, das in Trockenphasen dann Bäume und Pflanzen versorgen soll. Offene Wasserflächen wie Teiche oder ein vielfältiges Stadtgrün sorgen für Verdunstungskühlung. Parks und grüne Schneisen können die Luftzufuhr verbessern. Auch begrünte Dächer, grüne Balkons und bepflanzte Fassaden helfen, dass Wasser verdunstet und es kühler wird.

Um die Gesundheit der Bürger zu schützen, sollen hitzebelastete Orte wie Stadtplätze, Spielplätze, Schulhöfe sowie Bushaltestellen und Wege verschattet werden. “Kühle Orte” können über Apps bekannt gemacht werden: Kirchen, Einkaufszentren, Museen oder begrünte und entsiegelte Außenbereiche. Besonders stark von Hitze betroffen sind wohnungslose Menschen. Sie brauchen Zugang zu “Kühlen Orten”, Trinkbrunnen, Duschmöglichkeiten und geschützte Übernachtungsplätze.