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Wie kommen die Kardinäle zum Konklave?

Am 7. Mai beginnt das Konklave. Früher war es für die Kardinäle ein Wettlauf mit der Zeit, pünktlich nach Rom zu kommen. Ein US-Kardinal war erst im dritten Anlauf erfolgreich.

Die Kardinäle sind bereits in Rom eingetroffen, und viele von ihnen haben an der Beisetzung von Papst Franziskus teilgenommen. Heute ist es dank moderner Verkehrsmittel kein Problem mehr, binnen 24 bis 36 Stunden anzureisen. Früher war das anders. Der technische Fortschritt der vergangenen 150 Jahre hat entscheidend dazu beigetragen, dass immer mehr Kardinäle rechtzeitig in Rom eintreffen konnten, um ihr Wahlrecht auszuüben.

Bevor es Telegramme, Telefon und heute E-Mails und SMS gab, konnte es Wochen dauern, bis die Nachricht vom Tod eines Papstes bekannt wurde. Die Historikerin Gabriele Annas hat ein Beispiel aus dem Mittelalter parat: Der Tod von Papst Nikolaus V. am 24. März 1455 wurde erst am Morgen des 12. April 1455 beim Reichstag in der Wiener Neustadt bekannt. Da war bereits, am 8. April, Alonso de Borja in Rom zum neuen Papst gewählt worden; der Name: Calixt III. Auch diese Nachricht, so Annas, kam erst drei Wochen später an.

Vor ziemlich genau 150 Jahren, im März 1875, ernannte Pius IX. mit dem New Yorker Erzbischof John McCloskey (1810-1885) den ersten Kardinal aus einem nicht-europäischen Land. Es war der erste Schritt hin zu einer Internationalisierung des Kardinalskollegiums, die zuletzt von Papst Franziskus demonstrativ bis ganz an die Ränder der Erde ausgedehnt wurde.

Beim Konklave 1878 nach dem Tod von Pius IX. war die Ausgangslage für die Kardinäle bereits viel besser geworden. Informationen konnten in kürzester Zeit per Telegramm übermittelt werden, nicht mehr per Post oder Boten. Auch bestand die Möglichkeit, jetzt per Zug oder Dampfschiff zu reisen statt mit einer Postkutsche. Das war nicht nur erheblich bequemer, sondern auch deutlich schneller.

Aber dennoch – es war nicht immer schnell genug. Vor allem die Kardinäle aus den USA oder Lateinamerika mussten dies schmerzvoll erfahren. Kardinal McCloskey erreichte Rom 1878 fünf Tage nach Beginn des Konklaves. Da hatten die Kardinäle aber schon drei Tage zuvor Leo XIII. gewählt.

Sehr viel mehr Glück hatte Kardinal James Gibbons (1834-1921), Erzbischof von Baltimore. Er hielt sich gerade in Rom auf, als Leo XIII. im Juli 1903 starb. Daher konnte er als erster Nicht-Europäer und erster US-Amerikaner am Konklave teilnehmen. 1914 nahm mit Joaquim Arcoverde de Albuquerque Cavalcanti (1850-1934), Erzbischof von Rio de Janeiro, der erste Kardinal aus Lateinamerika an einer Papstwahl teil; aus ihr ging Benedikt XV. hervor.

Die beiden damaligen US-Kardinäle und der aus Kanada trafen zu spät ein. Sowohl 1914 wie auch 1922 verloren sie das Rennen gegen die Zeit. Ganz dumm gelaufen: Als Bostons Kardinal William Henry O’Connell 1922 in Rom eintraf, läuteten gerade die Glocken. Pius XI. war soeben gewählt worden.

Nachdem er nun zweimal zu spät gekommen war, bat er den Papst, die Frist bis zum Konklave künftig zu verlängern. 1939 war er dann tatsächlich dabei – weil den Kardinälen nun 15 Tage zugestanden wurden, um das Konklave pünktlich zu erreichen. Im Hafen wurden die Kardinäle damals dringend an die dramatische Weltlage erinnert; denn dort lag bereits das deutsche Schiff “Wilhelm Gustloff”, an dem eine große Hakenkreuzfahne wehte.

Für großes Aufsehen sorgte bei dem sehr kurzen Konklave 1939 der damals der jüngste Wähler Manuel Goncalves Cerejeira aus Lissabon. Er reiste mit dem Flugzeug an – als erster Kardinal überhaupt. Angst vor dem Fliegen, die hatte auch 1958 der damals älteste Kardinal nicht mehr. Seine Mitarbeiter hatten schon seine Teilnahme am Konklave abgesagt; aber der 92-jährige Erzbischof von Santiago de Chile, Jose Maria Caro Rodriguez, bestand darauf teilzunehmen und bestieg den Flieger nach Rom.

Mit dem Flugzeug wurde es für die Kardinäle leichter. Doch je nachdem, wo sie lebten, blieb dennoch die Anfahrt lang. Die Nachrichtenagentur UPI berichtete über ein Missgeschick, dass Kardinal Pio Taofinuu aus Samoa im Sommer 1978 erlebte. Er war mit einem Kanu unterwegs zu einem Pastoralbesuch, als das Boot kippte; er fiel ins Meer und schnitt sich den Fuß an einer Koralle auf. Als er zurückkehrte, hörte er vom Tod Papst Pauls VI. Von Samoa aus musste er nach Neuseeland reisen, um von dort aus das Flugzeug nach Rom zu nehmen. Unterwegs entzündete sich sein Fuß, so dass er sich vor dem Konklave sogar noch operieren lassen musste. Immerhin: Er war pünktlich.

Pünktlich war 1958 auch Detroits Kardinal Edward Aloysius Mooney. Kurz bevor das Konklave begann, legte er sich noch eben hin. Er starb im Schlaf an einem Herzinfarkt – drei Stunden vor Beginn der Papstwahl.