Henning Chadde und Jan Egge Sedelies vom Kulturzentrum Faust in Hannover wissen, wie man dem Publikum einheizt. Sie proben vorab den Applaus auf einer Skala von eins bis zehn. Jetzt eine „Fünf“ sagt Sedelies, Spitzname „Egge“. „Man kann auch gern reinrufen oder mit den Füßen trampeln“, ermutigt er. Das Publikum klatscht eine schon recht begeisterte Fünf. „Wie wäre es mit einem Halleluja?“, wirft der zweite Moderator grinsend ein.
Zuvor hatten die beiden den Ablauf der Reihe „Macht Worte!“ erklärt, die im Faust schon mehr als 20 Jahre Tradition hat. Doch beim „Preacher-Slam 27“ stehen nun erstmals Kirchenleute auf der Bühne. Zwei Durchgänge mit jeweils sieben Minuten langen Beiträgen sollen sie bestreiten. Anschließend entscheidet das Publikum, wer auf dem Kirchentag dabei sein darf. „Als ersten Kandidaten kündigen „Egge“ und Chadde Pfarrer Sebastian Klee an und machen es sich auf zwei Sesseln unter einer Stehlampe aus den 50er-Jahren gemütlich.
Der erste “Preacher” lässt noch Luft nach oben
Das Publikum klatscht mindestens eine „Zehn“, als der Pfarrer aus der braunschweigischen Landeskirche auftritt und über die Schöpfung philosophiert. Er hat schon einmal beim Kirchentag „mitgeslamt“. Das Publikum, das größtenteils aus Kirchenmitarbeitenden und Kirchenengagierten besteht, vergibt 55 Punkte und lässt damit noch Luft nach oben.
„Wir wollen Lust auf den Kirchentag machen“, sagt Kristin Volkmar vom Kirchentagsteam. Die Diakonin ist für regionale Kulturprojekte zuständig. Der Slam sei ein junges szeniges Format, erklärt die 30-Jährige. „Wir wollen dazu ermutigen, sich anders mit den Bibeltexten auseinanderzusetzen.“ Deswegen ist Psalm 27 als Thema des zweiten Durchgangs vorgegeben, während die Teilnehmenden im ersten Durchgang frei wählen können.
Friederike Goedicke von der Frauenarbeit der Landeskirche Hannovers betritt als nächste Kandidatin die Bühne. Sie stellt einen frauenengagierten Nikolaus vor. Das Publikum lässt sie mit mehr als 70 Punkten in Führung gehen.
Die jüngste Teilnehmerin trifft den Nerv des Publikums
Das Publikum kommt immer mehr auf den Geschmack, es lacht und amüsiert sich auch über die Pointen im Beitrag von Pastor Robin Hergel aus dem schleswig-holsteinischen Ahrensburg. Er spricht über die Eltern-Kind-Beziehung, Das kennen viele. Noch mehr Applaus heimst schließlich Lotta Egbert ein, die aus Stemwede zwischen Minden und Osnabrück stammt. Die mit 16 Jahren jüngste Teilnehmerin klagt die Gesellschaft an, junge Menschen und ihr Engagement nicht ernst zu nehmen. Das trifft den Nerv. Der Hamburger Pastor Stefan Richter erntet jedenfalls für seinen Beitrag über die Kraft der Musik hörbar weniger Applaus.
Nach dem zweiten Durchgang zu Psalm 27 sind die beiden Frauen die Favoriten und müssen nochmals gegeneinander antreten. Spätestens jetzt hat der Applaus die „Zehn“ auf der Skala weit überschritten. Am Ende gewinnt die Jüngste. „Ich bin stolz auf mich“, sagt Lotta Egbert überwältigt.