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„Wie ein Großunglück“

Marinepfarrer würdigt Leistung der Soldaten bei Mittelmeereinsätzen

WILHELMSHAVEN – Die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer ist für die Soldaten der Bundeswehr nach Einschätzung eines Marinepfarrers eine hohe Belastung. „Die Soldaten wissen ja nicht, was auf sie zukommt. Das bringt viel Unsicherheit“, sagte der evangelische Marineseelsorger Ekkehart Woykos. Für die Schiffsbesatzungen sei es eine Herausforderung, die Einsätze kräftemäßig und emotional durchzuhalten.
Die Hilfeleistung auf See gehöre zwar zur Ausbildung eines Seemanns, erläuterte Woykos. Doch mit Katastrophen in diesem Ausmaß hätten die Truppen erst jetzt im Mittelmeer erste Erfahrungen gesammelt. „Es ist wie ein Großunglück, das sich immer wieder wiederholt“, sagte Woykos. Seelsorgern seien ähnliche Einsätze nur von Massenkarambolagen oder Zugunglücken bekannt.
Woykos lobte das Engagement der Soldaten, die die Situation trotz der Belastung „hochprofessionell“ bewältigten. Der Theologe begleitete die Mannschaft der Fregatte „Hessen“, die bei ihrem fünfwöchigen Einsatz vor der libyschen Küste mehr als 2500 Menschen vor dem Ertrinken rettete und in italienischen Häfen absetzte.
Als Seelsorger biete er den Soldaten Gelegenheit, ihre Erfahrungen zu verarbeiten, sagte Woykos. Diese kümmerten sich um die Flüchtlinge. Da sei es gut, dass sich auch jemand um sie kümmere.
Besondere Herausforderungen für die Soldaten stellten auch die langen Einsatzzeiten von bis zu fünfeinhalb Monaten und die fehlende Privatsphäre der 250-köpfigen Besatzung dar. Die meisten Soldaten hätten keine eigenen Kabinen und seien zu mehreren auf wenigen Quadratmetern untergebracht, sagte Woykos.
Nach Bundeswehrangaben retteten deutsche Marinekräfte im Mittelmeer seit Mai bereits über 6000 Flüchtlinge. epd