Viele junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren sind mit den “Conni”-Büchern großgeworden. In den vergangenen Jahren wurden die zu einem ganz eigenen Internettrend, der aktuell einen neuen Boom erlebt. Woran liegt das?
Conni feiert Weihnachten, backt Pizza, bekommt einen kleinen Bruder. Und einmal bricht sie sich das Bein, weil sie Seife auf die Rutsche ihres Hochbetts geschmiert hat, um schneller zu sein. Für Kinder ab drei Jahren gibt es mehr als 50 Bilderbücher über Conni mit der Schleife im Haar. Viele Kinder sind mit diesen Geschichten aufgewachsen. Das erste Pixibuch über Conni wurde 1992 veröffentlicht. Inzwischen ist der Titelstar älter geworden und spricht auch größere Kinder an, die schon selber lesen können.
In den vergangenen Jahren hat sich der Conni-Trend aber noch in eine andere Richtung entwickelt: Im Internet finden sich zahlreiche Parodien der Kinderbuch-Cover. “Conni zockt den ganzen Tag Ballerspiele, weil ihre Kita zu wenig Personal hat”, liest man da etwa, mit einer wutentbrannten Conni vor der Konsole. Auf einem anderen ist ein Flugzeug abgebildet: “Conni wandert nach Dubai aus, um Steuern zu sparen.” Weitere Varianten: “Conni hat ihren ersten Burnout”, “Conni hat eine Freundin mit Down-Syndrom” oder “Conni pendelt ins Ruhrgebiet”.
Auch Unternehmen und Institutionen haben Conni mittlerweile für sich entdeckt. Angesichts der ersten Hitzewelle Anfang Juli warnte die Düsseldorfer Feuerwehr so vor Gefahr: “Conni geht nicht im Rhein schwimmen”. Ein Fanclub eines oberfränkischer Fußballvereins postete in den sozialen Medien: “Conni kauft sich eine Dauerkarte”. An der Universität Tübingen schaffte es Conni sogar auf ein Plakat für mehr Barrierefreiheit: Eine Hochschulgruppe warb mit dem Schriftzug “Conni kommt mit ihrem Rollstuhl nicht in die Uni”.
Aber warum werden 30 Jahre alte Kinderbücher zu so einem Internettrend? Marcel Lemmes, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Medieninnovation und Medienwandel an der Universität Tübingen, forscht zur Meme-Kultur im Internet. “Ein Meme ist ein Bild, Video, Text oder eine Kombination davon, das sich schnell und weit über das Internet verbreitet”, erklärt er.
In dem Begriff Meme steckt das griechische Wort für “nachahmen” oder “imitieren”. Memes stellen Bekanntes aus der Alltagskultur humorvoll in einen neuen Zusammenhang. Dabei kommt es zu einer Kettenreaktion: Eine Person erstellt das erste Meme, andere greifen die Idee in weiteren Varianten auf. Die Verbreitung geschieht “mal durch Algorithmen, mal durch Zufall”, sagt der Forscher.
Auch die Parodien der Conni-Cover kann man laut Lemmes als Meme-Trend betrachten. Durch ihre Bekanntheit eigneten sie sich dafür gut. Hinzu komme ein Nostalgiefaktor, da viele Internetuser die Bücher mit ihrer Kindheit verbänden. Schwarzer Humor spiele ebenfalls eine Rolle, da viele der Neuschöpfungen im Gegensatz zur heilen Welt der Conni aus den Büchern ständen.
Conni hat schon mehrere Wellen von Memes mitgemacht. Das hat nach Auskunft von Lemmes damit zu tun, dass sich verschiedene Kreise dieses Stoffes bemächtigten: “Die früheren Conni-Memes wurden eher von politisch links orientierten Gruppen eingesetzt, um auf humoristische Art und Weise Inhalte zu verbreiten.” Dabei seien sie auch oft für Gesellschaftskritik genutzt, später in Studierendenkreisen wiederentdeckt worden. Neue Plattformen wie TikTok könnten die Erschließung der Memes für neue Gruppen begünstigen, in dem Fall etwa für Jüngere.
Nach einer kleinen Pause erleben die Conni-Memes wieder einen neuen Boom. Für Lemmes liegt ein Grund darin, dass sie sich durch KI mittlerweile sehr schnell erstellen lassen. Dafür gibt es im Internet sogar Anleitungen. Auch Firmen beteiligten sich an dem Trend. Das sei im Marketing durchaus gängig. “Conni bietet sich hier gerade für deutsche Unternehmen jedoch besonders an, da es sich einerseits um ein originär deutsches Meme-Format handelt. Andererseits ist Conni absolut unkontrovers.” Dadurch sei die potentielle Fallhöhe niedriger.
Wie die Schöpferin der Figur Conni, Liane Schneider, zu dem Phänomen steht, ist nicht bekannt. Die Autorin gebe nur selten Interviews, heißt es beim Hamburger Carlsen-Verlag, der die Reihe herausgibt. Dass die Bücher zum Internettrend geworden sind, ist dort aber bekannt. Man nehme dies in den meisten Fällen mit Humor, so eine Sprecherin. Nur wenn die Parodien “rassistische oder anderweitig diffamierende Züge” annähmen, schalte man einen Anwalt ein.
Jeder Trend komme auch an ein Ende, sagt Medienwissenschaftler Lemmes. “Irgendwann ist so ein Format nicht mehr lustig, weil man es zu oft gesehen hat.” Er kann sich aber vorstellen, dass die Conni-Bücher noch eine Weile als Vorlage für Memes dienen werden.